Auch eine Traumfabrik hat Schmuddelkinder
Die Viennale widmet dem B-Movie-Genre eine Retrospektive.
Bizarre Krimikomödien, Abenteuerfilme, Films noirs: Was in Hollywood mit niedrigen Budgets und hoher Kreativität produziert wurde, ist Zentrum der ViennaleRetrospektive, die parallel zum Festival und danach noch bis 5. Dezember läuft. „Eine Art von purem Kino“, so der Text im Katalog, ist der B-Film, der zu den Anfängen des Kinos als Varieté-Attraktion zurückweist, wo Spektakel und Staunen vor selbst zugeschriebenem künstlerischen Anspruch standen.
Als B-Movie oder B-Film wurde ursprünglich jeweils der billiger produzierte Film eines Double Features bezeichnet, analog zur B-Seite einer Schallplatte. Der Begriff wird gern abwertend verwendet, dabei handelt es sich oft um Filme, die durch besonderen Einfallsreichtum wettmachen, was das Budget an komplexer Inszenierung nicht erlaubte. Gedreht wurden solche Filme ab den 1930er-Jahren, als nach der Weltwirtschaftskrise preiswerte Unterhaltung gefragt war. Die Viennale-Retrospektive umfasst insgesamt 52 Werke aus den Jahren 1935 bis 1959, von Filmschaffenden wie Edgar G. Ulmer, Samuel Fuller, Fred Zinnemann oder – als einziger Frau – der Schauspielerin und Regisseurin Ida Lupino.
Kurator Haden Guest versucht damit eine „Archäologie des BFilms“, auf dessen Kompromisslosigkeit sich spätere Filmschaffende wieder und wieder bezogen, zuvorderst Jean-Luc Godard mit „Außer Atem“, später Filmemacher wie Kathryn Bigelow, Martin Scorsese oder Quentin Tarantino. „Der BFilm muss endlich anerkannt werden als einzigartige, quintessenziell amerikanische Kunstform, die insbesondere von Emigranten und Künstlern geschaffen wurde, deren Arbeit und Karrieren oft ganz bewusst an den Rändern blieben“, schreibt Guest dazu. Die Retrospektive erlaubt dabei eine Wiederentdeckung und Neukontextualisierung, die im filmmusealen Rahmen lange nicht zugelassen war.