Ein Smartphone, das neue Maßstäbe setzt
Huaweis Mate 20 Pro im SN-Test: Wie der chinesische Handyriese das iPhone kopiert – und dennoch besser ist.
Ein Erlebnis diese Woche: Beim Mittagessen tippt der Autor dieser Zeilen in sein Smartphone. Eine Kollegin sieht das und fragt: „Bist du auf ein iPhone umgestiegen?“Nein, bin ich nicht. Vielmehr ist das Handy, das einem ein paar Minuten Instagram nach dem Mittagsmenü ermöglicht, das Mate 20 Pro. Dass die Kollegin die Geräte verwechselt hat, muss kaum verwundern. Auf den ersten Blick sieht Huaweis Premium-Smartphone, das seit vergangener Woche offiziell erhältlich ist, wie ein iPhone X aus: ein Bildschirm, der sich über die gesamte Frontseite zieht. Einzig eine Bucht für die Selfie-Kamera bricht den Anspruch des Voll-Bildschirms. Und auch diese sieht wie jene aus, die Apple bietet. Immerhin unterscheidet sich das Mate 20 durch seine abgerundeten Kanten vom iPhone. Doch selbst die Idee kennt man: von Samsungs Spitzenmodellen.
Für sein neues Smartphone hat sich Huawei das Beste von der Konkurrenz abgeschaut. Selbst die Android-Version des Mate 20 Pro ähnelt (neuerlich) Apples Betriebssystem iOS.
Doch Huawei ist daraus kein wirklicher Vorwurf zu machen: Offenbar wurde kein Patent verletzt. Dazu hat es der chinesische IT-Riese nicht dabei belassen, zu kopieren. Vielmehr hat Huawei in fast jedem Bereich noch einiges draufgelegt. Das Mate 20 Pro hat eine Kamera, die deutlich besser ist als all das, was es bislang auf dem Markt gab. Die – Achtung – Leica-Dreifachkamera bietet etwa ein Ultraweitwinkelobjektiv. Vor dem Eiffelturm immer weiter zurückwatscheln zu müssen, um den gesamten Turm einfangen zu können, ist somit passé. Dazu kann die integrierte Objekterkennung nicht nur Dinge identifizieren: Fokussiert man Lebensmittel, wirft einem das Mate 20 Pro noch eine Schätzung für Gewicht und Kalorien von Lachs oder Schnitzel aus. Eine weitere Neuerung: Das Mate 20 Pro kann andere Handys aufladen. Dafür muss man das zweite Gerät nur auf die Rückseite des 20 Pro legen.
Und wo bleibt das Aber? Es gibt keines. Nicht einmal der Preis ist zu kritisieren: Das Pro kostet branchenübliche 1000 Euro, der ein wenig abgespeckte kleine Bruder 750 Euro.
Mit dem Mate 20 Pro hat Huawei in vielen Bereichen nahezu Perfektion erreicht. Wie können Apple und Samsung da noch mithalten? Indem sie neue Bereiche erschließen. Samsung könnte das noch im November tun: Branchenbeobachter spekulieren, dass der Marktführer faltbare Bildschirme vorstellt. Digitalwelt? RALF.HILLEBRAND@SN.AT