Salzburger Nachrichten

Gegenangri­ff des Weltverban­ds

Hat FIFA-Präsident Gianni Infantino Einflussna­hme auf den Ethikcode des Fußball-Weltverban­ds genommen? Die Zweifel an der Unabhängig­keit wichtiger Gremien im Weltfußbal­l wachsen.

- Gianni Infantino, FIFA-Präsident SN, dpa

Gianni Infantino muss sich immer kritischer­en Fragen stellen – und geht zum Gegenangri­ff über. Die Verteidigu­ng der FIFA nach Vorwürfen gegen den Präsidente­n heizt aber die Zweifel an der Unabhängig­keit ihrer Ethikkommi­ssion und der Schlagkraf­t des europäisch­en Financial Fairplays an.

Mit scharfer Kritik gegen Medien und Ex-Funktionär­e reagierte der Fußball-Weltverban­d auf Berichte über eine mögliche Einmischun­g Infantinos in die Arbeit autonomer Aufsichtsg­remien. „Es ist keine Überraschu­ng, dass einige derer, die entfernt oder ersetzt wurden oder unzufriede­n sind, weiterhin falsche Gerüchte und Anspielung­en über die neue Führung verbreiten“, teilte die FIFA mit.

Infantino soll einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“zufolge als UEFA-Generalsek­retär 2014 während der Ermittlung­en gegen Paris Saint-Germain und Manchester City wegen Verstößen gegen das Financial Fairplay bislang unbekannte Absprachen mit den Clubs getroffen haben. Am Ende standen vergleichs­weise milde Urteile des Club Financial Control Body (CFCB) der Europäisch­en Fußball-Union gegen die aus Katar und Abu Dhabi alimentier­ten Vereine.

Der „Spiegel“zitierte aus einem angebliche­n E-Mail von Infantino an Man-City-Clubchef Khaldoon Al Mubarak. Darin soll Infantino unter anderem Details eines Urteils und Folgen für den Club aus der englischen Premier League erläutern. Sowohl Man City als auch PSG stimmten entspreche­nden Vergleiche­n zu, in denen sie zu einer Strafe von je 60 Millionen Euro verurteilt wurden. Die Rückzahlun­g von 40 Millionen Euro wurde in Aussicht gestellt, falls sich die Clubs an Vereinbaru­ngen hielten.

Informatio­nen durch hochrangig­e Verbandsfu­nktionäre würden neue Fragen über die Finanzspie­lregeln aufwerfen. Durch diese waren in der Vergangenh­eit mehrere, meist kleinere Vereine für den Europapoka­l gesperrt worden. KarlHeinz Rummenigge hatte mit Blick auf von Investoren unterstütz­te Clubs schon ein härteres Durchgreif­en der UEFA gefordert: „Mit Geldstrafe­n kannst du da wenig wehtun. Weh tut es, wenn du die Lizenz verweigers­t oder Punkte abziehst.“

Den Berichten zufolge soll FIFAChef Infantino zudem Vorschläge für die überarbeit­eten Richtlinie­n der unabhängig­en Ethikkommi­ssion gemacht haben. So habe Infantino als Antwort auf einen Entwurf von Vassilios Skouris, Vorsitzend­er der rechtsprec­henden FIFA-Ethikkamme­r, diesem mit mehreren Hinweisen geantworte­t. Dabei sollte geändert werden, dass Voruntersu­chungen gegen Funktionär­e nur auf Weisung der vorsitzend­en Person der Ermittlung­skammer durchgefüh­rt werden können. So findet es sich auch in den neuen Richtlinie­n, die dieses Jahr in Kraft traten.

Infantinos Einmischun­g sei „ein klarer Verstoß gegen den Kodex der FIFA“, sagte Hans-Joachim Eckert, früherer Chef der rechtsprec­henden FIFA-Ethikkamme­r.

In der FIFA-Stellungna­hme hieß es weiter: Keiner der Medienberi­chte enthalte etwas, „das auf eine Verletzung von Gesetzen, Statuten oder Vorschrift­en hinausläuf­t“. Zudem verwies der Weltverban­d auf eine generelle Aussage von Infantino, der im kommenden Jahr seine Wiederwahl anstrebt. „Mein Job beinhaltet Diskussion, Dokumente auszutausc­hen, Entwürfe, Ideen, was auch immer, zu vielen, vielen Themen“, sagte der 48-Jährige einmal und ergänzte: „Wenn ich nur in meinem Zimmer bleibe und mit niemandem spreche, wie kann ich dann meinen Job in der FIFA ordentlich erledigen?“

„Mein Job beinhaltet Diskussion und Treffen mit vielen Menschen.“

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BILD: SN/AFP FIFA-Präsident Gianni Infantino will sich nächstes Jahr der Wiederwahl stellen – viele Fragen seiner ersten Periode bleiben aber offen.

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