Donald Trump hat den Bogen überspannt
Die Mehrheit der weißen Frauen hat sich 2016 für Trump als Präsidenten entschieden. Offensichtlich hat er sie enttäuscht.
Lange hat es gedauert, aber jetzt dürfte US-Präsident Donald Trump die Rechnung für seine frauenfeindliche Politik und seine sexistischen Äußerungen bekommen – oder besser gesagt: seine republikanischen Kandidaten bei den Midterm Elections.
Alle Umfragen deuten vor den Zwischenwahlen darauf hin, dass die Republikaner vor allem in einem Wählersegment stark verlieren werden: bei den weißen Frauen. Wenig überraschend, möchte man denken. Doch bei der Präsidentschaftswahl 2016 hatte mit 52 Prozent noch die Mehrheit dieser Gruppe Trump gewählt – und nicht die Kandidatin Hillary Clinton.
Das Teilergebnis von damals zeigte: Wählerinnen lassen sich bei ihrer Entscheidung in der Wahlkabine nicht primär auf das Merkmal Frau reduzieren. Sie sind weiße Arbeiterinnen, die sich durch die Globalisierung abgehängt und von Trumps „America First“Politik angesprochen fühlen. Sie sind konservative Mittelständlerinnen, die eine restriktive Einwanderungspolitik befürworten und zu viel staatliche Einmischung, wie beispielsweise durch die Gesundheitsreform Obamacare, ablehnen.
Doch ein guter Teil dieser Wählerinnen ist dem Präsidenten in den ersten beiden Jahren seiner Amtszeit offenbar abhandengekommen. Es sind die traditionell konservativen Frauen aus den US-amerikanischen Vorstädten, die laut Umfragen bei den Midterms daheimbleiben oder Demokraten wählen dürften. Zu oft hat Trump gänzlich im Gegensatz zu ihren Werten gehandelt, etwa bei der Trennung von Einwandererfamilien an der Grenze.
Großes Wählerpotenzial finden die Demokraten bei den Midterm Elections außerdem in jenen Frauen, die 2016 zwar nicht Trump, aber eben auch nicht Clinton gewählt haben. Viele gingen nicht wählen, weil die ehemalige Außenministerin und First Lady ihnen als Inbegriff eines verhassten Establishments galt, und nicht, weil sie mit den Demokraten grundsätzlich nicht einverstanden wären. Andere gingen nicht wählen, weil sie die Wahlen und die Politik insgesamt schlichtweg nicht interessiert haben.
Dieses politische Desinteresse ist in weiten Teilen der Bevölkerung freilich nicht verschwunden. Aber bei vielen Frauen ist es einem anderen Gefühl gewichen: der Wut. Einer Wut, die sich zuletzt entladen hat, als Trumps Kandidat für den Obersten Gerichtshof trotz ungeklärter Belästigungsvorwürfe durchgeboxt wurde. Die Demokraten müssen diese Wut nun nur mehr in Wählerstimmen ummünzen.