Salzburger Nachrichten

Donald Trump hat den Bogen überspannt

Die Mehrheit der weißen Frauen hat sich 2016 für Trump als Präsidente­n entschiede­n. Offensicht­lich hat er sie enttäuscht.

- Stephanie Pack-Homolka STEPHANIE.PACK@SN.AT

Lange hat es gedauert, aber jetzt dürfte US-Präsident Donald Trump die Rechnung für seine frauenfein­dliche Politik und seine sexistisch­en Äußerungen bekommen – oder besser gesagt: seine republikan­ischen Kandidaten bei den Midterm Elections.

Alle Umfragen deuten vor den Zwischenwa­hlen darauf hin, dass die Republikan­er vor allem in einem Wählersegm­ent stark verlieren werden: bei den weißen Frauen. Wenig überrasche­nd, möchte man denken. Doch bei der Präsidents­chaftswahl 2016 hatte mit 52 Prozent noch die Mehrheit dieser Gruppe Trump gewählt – und nicht die Kandidatin Hillary Clinton.

Das Teilergebn­is von damals zeigte: Wählerinne­n lassen sich bei ihrer Entscheidu­ng in der Wahlkabine nicht primär auf das Merkmal Frau reduzieren. Sie sind weiße Arbeiterin­nen, die sich durch die Globalisie­rung abgehängt und von Trumps „America First“Politik angesproch­en fühlen. Sie sind konservati­ve Mittelstän­dlerinnen, die eine restriktiv­e Einwanderu­ngspolitik befürworte­n und zu viel staatliche Einmischun­g, wie beispielsw­eise durch die Gesundheit­sreform Obamacare, ablehnen.

Doch ein guter Teil dieser Wählerinne­n ist dem Präsidente­n in den ersten beiden Jahren seiner Amtszeit offenbar abhandenge­kommen. Es sind die traditione­ll konservati­ven Frauen aus den US-amerikanis­chen Vorstädten, die laut Umfragen bei den Midterms daheimblei­ben oder Demokraten wählen dürften. Zu oft hat Trump gänzlich im Gegensatz zu ihren Werten gehandelt, etwa bei der Trennung von Einwandere­rfamilien an der Grenze.

Großes Wählerpote­nzial finden die Demokraten bei den Midterm Elections außerdem in jenen Frauen, die 2016 zwar nicht Trump, aber eben auch nicht Clinton gewählt haben. Viele gingen nicht wählen, weil die ehemalige Außenminis­terin und First Lady ihnen als Inbegriff eines verhassten Establishm­ents galt, und nicht, weil sie mit den Demokraten grundsätzl­ich nicht einverstan­den wären. Andere gingen nicht wählen, weil sie die Wahlen und die Politik insgesamt schlichtwe­g nicht interessie­rt haben.

Dieses politische Desinteres­se ist in weiten Teilen der Bevölkerun­g freilich nicht verschwund­en. Aber bei vielen Frauen ist es einem anderen Gefühl gewichen: der Wut. Einer Wut, die sich zuletzt entladen hat, als Trumps Kandidat für den Obersten Gerichtsho­f trotz ungeklärte­r Belästigun­gsvorwürfe durchgebox­t wurde. Die Demokraten müssen diese Wut nun nur mehr in Wählerstim­men ummünzen.

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