Eine Woche des Gedenkens
Ausstellungen, Sitzungen, Festakte: Österreich feiert die Gründung der Republik vor 100 Jahren und gedenkt der Pogrome im November 1938.
In der Nacht von 9. auf den 10. November jährt sich der vom NSRegime inszenierte blutige November-Pogrom zum 80. Mal. Am 12. November ist es hundert Jahre her, dass der damalige Nationalratspräsident Franz Dinghofer und Staatskanzler Karl Renner auf der Rampe des Parlamentsgebäudes die Republik ausriefen. – Das an erinnerungswürdigen Ereignissen überreiche Gedenkjahr 2018 geht in seine intensivste Woche.
Der Novemberpogrom 1938 war durch Ausschreitungen gegen Juden, Morde, Verhaftungen, Plünderungen und Synagogenbrände gekennzeichnet. Wegen der unzähligen zerbrochenen Fenster- und Auslagenscheiben nannten die Nazis den Pogrom verharmlosend „Reichskristallnacht“. Am Ort der 1938 zerstörten größten Synagoge Österreichs in der Wiener Tempelgasse veranstaltet am Abend des 8. November die Israelitische Kultusgemeinde Wien ein feierliches Gedenken. Zeitzeugen und Künstler kommen zu Wort, der Bundespräsident hält eine Gedenkrede. Am Freitag – dem eigentlichen Jahrestag der Novemberpogrome – beginnen die Gedenken mit einer Kranzniederlegung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen beim Schoah-Mahnmal am Judenplatz. Danach findet eine Gedenkveranstaltung im Parlament statt, an der neben dem Bundespräsidenten unter anderem auch Bundeskanzler Sebastian Kurz teilnehmen wird. Am Nachmittag empfängt Van der Bellen österreichische Holocaust-Überlebende in der Hofburg.
Eine Mahnwache beim ehemaligen Aspangbahnhof in Wien-Landstraße erinnert daran, dass von diesem Bahnhof aus in den Jahren 1939 bis 1942 Zehntausende Juden deportiert wurden.
Noch vielfältiger sind die Gedenkveranstaltungen zum 100. Jahrestag der Gründung der Republik. Alle neun Landtage haben zu Festsitzungen geladen. Dabei wird an den Zusammenschluss der österreichischen Bundesländer zu einem Staatswesen vor 100 Jahren erinnert. In Vorarlberg fand dieser Festakt bereits am 3. November statt, denn da feierte das Land auch 100 Jahre Eigenständigkeit. Am 3. November 1918 hatte Vorarlberg, das bis dahin eine Verwaltungseinheit mit Tirol gebildet hatte, seine Selbstständigkeit proklamiert.
Der Staatsakt zum Jubiläum der Republik findet am 12. November in der Wiener Staatsoper statt. Die Spitzenrepräsentanten des Landes werden in Ansprachen die Republik und die Demokratie würdigen. Die Festrede hält die Autorin Maja Haderlap. Sie ist Kärntner Slowenin. Für das musikalische Programm sorgen die Wiener Philharmoniker. Neben dem offiziellen Österreich wurden zu dem Festakt, der im ORF übertragen wird, auch Bürger aus allen Teilen des Landes sowie Holocaust-Überlebende eingeladen.
Schon zwei Tage vorher, am 10. November, wird das lange geplante Haus der Geschichte mit der Ausstellung „Aufbruch ins Ungewisse – Österreich seit 1918“in der Wiener Hofburg eröffnet. Drei Tage lang kann die Ausstellung über die 100 Jahre von 1918 bis 2018 bei freiem Eintritt besucht werden. Am Eröffnungstag findet zudem ein Fest auf dem Heldenplatz statt.
Ebenfalls auf dem Heldenplatz läuft eine Freiluftausstellung des Parlaments, die auf Schautafeln an die Gründung der Republik erinnert. Im niederösterreichischen Haus der Geschichte in St. Pölten erinnert eine Sonderausstellung an die umkämpfte Republik 1918 bis 1938.
Zahlreiche Gedenkveranstaltungen finden derzeit auch zum Thema 100 Jahre Frauenwahlrecht statt. Mit der Ausrufung der Republik wurde den Frauen in Österreich am 12. November 1918 das Wahlrecht gewährt. Im Februar 1919 konnten Frauen erstmals wählen. Acht weibliche Abgeordnete zogen damals in den Nationalrat ein.
Noch ein rundes Jubiläum: 100 Jahre Frauenwahlrecht