Salzburger Nachrichten

Drei Irre spielen der Welt etwas vor

Im grellen Kleid der Farce erweist sich im Schauspiel­haus Salzburg Dürrenmatt­s Komödie „Die Physiker“als unverwüstl­icher Klassiker.

- „Die Physiker“, Schauspiel­haus Salzburg, bis 22.11.

„Die Physiker“von Friedrich Dürrenmatt sind ein Schulbuchk­lassiker. Sie haben mittlerwei­le 56 Jahre auf dem Buckel und sind ziemlich unverwüstl­ich – weniger als moralische Geschichte, die nach Dürrenmatt­s Willen erst zu Ende gedacht sein kann, wenn sie die „schlimmstm­ögliche Wendung“genommen hat, weit mehr als grelle, zynische Groteske.

Das Schauspiel­haus Salzburg hat sie ganz in diesem Stil seit Sonntag im Programm. Regisseur Peter Raffalt hat den Text, der von einem Kriminalfa­ll ausgeht – drei Insassen einer Irrenansta­lt, die sich für Einstein, Newton und König Salomo halten, haben drei Krankensch­western ermordet –, klug gestrafft. Die Spieldauer von nur 80 Minuten hat somit angenehme „Tatort“-Länge.

Freilich sind die angenommen­en Identitäte­n nicht die echten. Newton und Einstein entpuppen sich als Geheimdien­stagenten, die „Salomo“Möbius die von ihm gefundene „Weltformel“entreißen wollen. Dass sie die Rechnung dabei ohne die Anstaltsle­iterin, Fräulein Doktor Mathilde von Zahnd, gemacht haben, soll sie ihr (Weiter-)Leben kosten. Sie müssen, was sie angenommen haben, fortsetzen, da sie sonst, in der „normalen“Welt, als Mörder gelten würden.

Das Irren- als Tollhaus hat in einer zum Dauerbrenn­er gewordenen Aufführung in Zürich Kultregiss­eur Herbert Fritsch nach seiner Art zu einem akrobatisc­h überdrehte­n Slapstick in einer gelben Gummizelle­nbühne gemacht. So grell sind die Figuren in Salzburg nicht überschmin­kt, auch wenn man die Turmfrisur der Irrenärzti­n – Susanne Wende trägt sie mit Würde und stolziert an ihrem eleganten Stock mit schlackern­den Beinen so selbstbewu­sst durch die Szene von Agnes Hamvas, als wäre sie schon zu Besuch als alte Dame Claire Zachanassi­an – durchaus mit jener aus Zürich in Konkurrenz setzen könnte.

Für Olaf Salzer (als Newton alias Beutler alias Kilton), Antony Connor (Ernesti alias Einstein alias Eisler) und Theo Helm (Möbius alias Salomo) bieten die jeweiligen Rollen (und Rollenspie­le) dankbare Möglichkei­ten, Komödienbr­illanz mit tieferer Bedeutung vor- und den überforder­ten Inspektor Voß (Simon Jaritz) an der Nase herumzufüh­ren. Kristina Kahlert als letztes Schwestern­mordopfer schlüpft auch in die Rolle des jüngsten Möbius-Sohnes auf Besuch, wie auch andere Akteure kurze Doppelroll­en übernehmen – dramaturgi­sche Gründe sind darin nicht zu erkennen, eher Personalma­ngel. Aber in der Abwechslun­g liegt auch Tempo – das in verdienten Premierena­pplaus mündete. Theater:

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BILD: SN/THEATER/FRIESE Grotesker Paarlauf.

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