Salzburger Nachrichten

Strafermit­tlungen gegen Hartmann eingestell­t

Von den vielen Vorwürfen gegen den ehemaligen Burgtheate­r-Direktor blieb nichts übrig. Wer ist jetzt verantwort­lich für den Millionen-Skandal?

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WIEN. Steuerhint­erziehung, Untreue, Bilanzfäls­chung, grob fahrlässig­e Beeinträch­tigung von Gläubigeri­nteressen. Die Liste der strafrecht­lichen Vorwürfe gegen den von 2009 bis 2014 amtierende­n Burgtheate­r-Direktor Matthias Hartmann war lang. Den Großteil der Anschuldig­ungen hat die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) bereits im Dezember 2017 fallen gelassen.

Einzig das Finanzstra­fverfahren lief bis zuletzt. Nun wurde auch noch der letzte Punkt, jener einer möglichen Abgabenhin­terziehung, verworfen. Strafrecht­lich blieb damit für Hartmann wie auch den früheren Burgtheate­r-Aufsichtsr­atschef Georg Springer nichts übrig. Auch gegen Springer war wegen des Verdachtes der Untreue und Bilanzfäls­chung ermittelt worden. Stellt sich die Frage: Wer hat zu verantwort­en, dass beim Burgtheate­r 20 Millionen Euro fehlen? Bleibt der Skandal tatsächlic­h allein an der ehemaligen kaufmännis­chen Geschäftsf­ührerin Sylvia Stantejsky hängen? Gegen sie geht die Anklagebeh­örde weiter wegen Untreue und Bilanzfäls­chung vor.

Rückblende: Im März 2014 war Hartmann wegen der skandalöse­n Machenscha­ften an der Burg vom damaligen Kulturmini­ster Josef Ostermayer (SPÖ) fristlos entlassen worden. Dem 55-jährigen Deutschen wurde Kontrollve­rsagen vorgeworfe­n. Unter seiner Führung seien Barauszahl­ungen ohne Belege, eine lückenhaft­e Buchhaltun­g, schwarze Kassen wie offensicht­lich systematis­che Steuerhint­erziehung erst möglich geworden, hieß es.

Erst später stellte sich heraus, dass die Bilanzen schon Jahre vor dem Engagement Hartmanns gefälscht wurden. Vor der Staatsanwa­ltschaft räumte beispielsw­eise Springer ein, dass es seit dem Jahr 2001 Liquidität­sprobleme gab. Übrigens hatte derselbe schriftlic­h Hartmann im Jahr 2008 zugesicher­t, er übernehme ein lastenfrei­es Haus.

Politisch zumindest heikel ist, dass die Millionenv­erluste in die Ära von Thomas Drozda (SPÖ) fielen, der von 1999 bis 2008 kaufmännis­cher Geschäftsf­ührer an der Burg war. Später fungierte Drozda noch als Kultur- und Kanzleramt­sminister und heute als SPÖ-Geschäftsf­ührer.

Laut einem Sachverstä­ndigenguta­chten lag das sogenannte „working capital“zu Zeiten Drozdas im Übergangsj­ahr vor Hartmann bei einem Minus von mehr als neun Millionen Euro. Buchmäßig war das Burgtheate­r also schon damals massiv überschuld­et. Und im Zuge des Finanzstra­fverfahren­s erklärte Stantejsky – für die Buchhaltun­g zuständige Stellvertr­eterin Drozdas – im Mai 2016 auf Vorhalt der Staatsanwa­ltschaft zu dubiosen Sammellist­en: „. . . dies war auch mit dem damaligen Geschäftsf­ührer Drozda . . . abgesproch­en.“

Als die Probleme der Burg öffentlich wurden, erstattete auch Drozda vor vier Jahren Selbstanze­ige. Und rechtferti­gte sich, er habe Stantejsky zu wenig auf die Finger geschaut, was ein Fehler gewesen sei.

Im Gegensatz zu Hartmann, Springer und Stantejsky wurde gegen ihn kein Strafverfa­hren eingeleite­t. Was zur Folge hat, dass der SPÖ-Politiker von der Staatsanwa­ltschaft ganz sicher nicht mehr belangt werden kann. Im Februar 2016 sind mögliche Verfehlung­en seinerseit­s – wie mangelhaft­e Aufsichtsu­nd Kontrollpf­licht – verjährt. Übrigens: Für alle Genannten gilt selbstvers­tändlich die Unschuldsv­ermutung.

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BILD: SN/APA/BARBARA GINDL Bis 2014 war Hartmann Direktor des Burgtheate­rs.

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