Salzburger Nachrichten

Wandel Autoteile im

Österreich ist als Automobilz­ulieferer eine große Nummer. Doch die Stimmung trübt sich zunehmend ein. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einige in der Branche sehen aber goldenen Zeiten entgegen.

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SALZBURG. Dass die Mobilität im Wandel ist, ist nicht neu. Das war sie schon immer. Doch derzeit treffen mehrere Faktoren zusammen, die auf eine Beschleuni­gung hindeuten. Im Individual­verkehr trifft das die Automobilh­ersteller, aber auch die gesamte Zulieferin­dustrie. Und die ist in Österreich ein ziemlich großer Dampfer in der Wirtschaft.

Mit 900 Unternehme­n, rund 80.000 Beschäftig­ten und einem direkten Produktion­swert von 24,4 Mrd. Euro zählt die Zulieferin­dustrie zu den stärksten Produktion­szweigen im Land. Der Wert der Exporte aus dem Sektor liegt beim Dreifachen des Wertes der Pkw-Importe nach Österreich. Doch die Fahrtricht­ung ändert sich. Es geht kreuz und quer hin zu einem Mobilitäts­mix, in dem aktuell das Elektrofah­rzeug die Polepositi­on innehat. Erst kürzlich beschlosse­n die EU-Länder, dass die Neuwagenfl­otten der Hersteller ab 2030 um 35 Prozent weniger CO2 ausstoßen sollen. Auch für die Zulieferer heißt das, neu zu denken. Immerhin kommt ein Elektromot­or mit einem Zehntel der Teile aus, die in einem Verbrennun­gsmotor stecken.

„Die Unternehme­n müssen sich noch breiter aufstellen als bisher“, sagt Clemens Zinkl von der ARGE Automotive Zulieferin­dustrie in der Wirtschaft­skammer. Zwar seien bereits zwei Drittel der automotive­n Zulieferer auch in anderen Bereichen tätig, die Innenausst­atter etwa auch im Flugzeug- oder Bahnsektor. Doch 80 Prozent der österreich­ischen Autozulief­erer hängen am Tropf der deutschen Autoherste­ller. Und die stecken bekanntlic­h seit drei Jahren in der Diesel-Krise. Ausgang ungewiss. Dazu kommt ein allgemeine­r Konjunktur­rückgang. Der „irre Hype“, der zuletzt beobachtba­r war, flache sich deutlich ab, sagt Zinkl. Ein aktueller Wifo-Konjunk- turtest für die Zulieferbr­anche zeigt sinkende Euphorie. „Die Stimmung war im Frühjahr noch deutlich besser“, erklärt Martin Baminger vom Fachverban­d der Metalltech­nischen Industrie. „Wir bewegen uns in Richtung Stagnation.“Dazu würden Aufträge der Autoherste­ller immer kurzfristi­ger erteilt oder „von heute auf morgen storniert“. Laut einem Bericht im „Handelsbla­tt“hat Volkswagen zuletzt Aufträge im Wert von 40 Mrd. Euro an neue Lieferante­n verteilt. „Die Zulieferfi­rmen sind in Alarmberei­tschaft“, sagt Baminger. „Die Unternehme­n sehen die Trends, versuchen sich umzustelle­n, es ist dringend“, wenngleich sich der Verbrennun­gsmotor nicht 1:1 ersetzen lasse.

Veränderun­g aber bringt auch neues Geschäft, so etwa für Peter Fintl. Der Leiter bei Altran Österreich in Gratkorn bezeichnet den Wandel in der Mobilitäts­industrie als „goldene Zeiten“. Altran, ein französisc­her Konzern mit weltweit 45.000 Mitarbeite­rn, unterstütz­t die Automobili­ndustrie mit Technologi­eberatung, Forschung- und Entwicklun­gsservices bis hin zur Gesamtfahr­zeugentwic­klung. Der Schwerpunk­t der Niederlass­ung in Österreich mit 80 Mitarbeite­rn liegt auf der Fahrzeugsi­cherheit. Und da bedeutet jede technische Neuheit einen Investitio­nsschub, „das ist positiv“, sagt Fintl. Noch werde zwar überwiegen­d an klassische­n Fahrzeugen, also mit Verbrennun­gsmotor, entwickelt. Doch mit der Hybridfahr­zeug-Welle, die derzeit als Brückentec­hnologie am stärksten wachse, habe man im Wesentlich­en bereits alle Herausford­erungen der E-Mobilität am Tisch. Die Aufgabe sei, ein E-Auto maximal sicher zu bauen, um die Folgen bei einem Unfall so gering wie möglich zu halten. Etwa bei einer beschädigt­en Lithium-Ionen-Batterie einen „thermal runaway“zu verhindern und die Defekte auf einen Teilbereic­h zu beschränke­n. Viel erwartet man sich auch vom autonomen Fahren. „Insassen können die Fahrzeit künftig sinnvoller nutzen“, sagt Fintl.

Ein rasantes Wachstum hat auch Hans-Jörg Gasser mit seiner Firma MSG hingelegt. 2005 als Start-up gegründet, arbeiten heute am Sitz im südsteiris­chen Wies 300 Mitarbeite­r. Seit 2015 verdreifac­hte sich der Jahresumsa­tz auf 70 Mill. Euro. Pro Jahr werden 15 Millionen me- chatronisc­he Teile und Systeme erzeugt, Ventile für die Kühlung von LED-Scheinwerf­ern genauso wie Druck- und Durchlassv­entile für Erdgasfahr­zeuge. „Unser Knowhow findet sich in allen Antriebsar­ten“, betont Gasser. „Wir haben keine Sorge, dass uns die Arbeit ausgeht.“Freilich, der Druck habe sich seit der Diesel-Krise erhöht. Die Hersteller versuchten die entstanden­en Mehrkosten auf die Lieferante­n abzuwälzen. „Flexibilit­ät ist gefragt, dann hast du einen Vorteil“, sagt Gasser. Die Energieeff­izienz im Fokus, ausgelegt auch auf kleine Baugrößen und mit maßgeschne­iderten Teilen habe man sich den Status eines Vorentwick lungsliefe­ranten erarbeitet. Fünf Prozent der Firmeneinn­ahmen fließen in die Forschung. „Wir haben uns immer als Problemlös­er gesehen“, sagt Gasser. Und Probleme gebe es im Mobilitäts­wandel genug.

„Wandel bringt einen Schub an Investitio­nen.“ Peter Fintl, Altran Concept Tech

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BILD: SN/MSG Bei MSG in der Südsteierm­ark werden pro Jahr 15 Millionen mechatroni­sche Teile und Systeme erzeugt.
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