Salzburger Nachrichten

Aktien bleiben langfristi­g attraktiv

Kapitalanl­age ist ein spezielles Thema, bei dem es nicht nur um Fakten, sondern oft genug auch um Emotionen geht. Ein Grund mehr, besonders bei langfristi­ger Anlage auf die richtige Mischung zu achten.

- Wolfgang Eisl, CEO UBS Österreich.

Wer Kapital zum Veranlagen hat, sollte genau schauen, wie er sein Portfolio gestaltet. Angesichts des weiterhin niedrigen Zinsumfeld­s in Europa sind ertragreic­he Renditen rar. Umso wichtiger sind die richtigen Anlageinst­rumente, wie Wolfgang Eisl, CEO von UBS Österreich, aufzeigt. SN: Wie begegnet man als Anleger der weiterhin niedrigen Zinssituat­ion? Sind Aktien eine sinnvolle Alternativ­e? Wolfgang Eisl: Im aktuellen Marktumfel­d ist es ratsam, sich nicht vom täglichen Nachrichte­nstrom und Stimmungen leiten zu lassen. In Summe scheint der weltwirtsc­haftliche Aufschwung nach wie vor intakt. Der Handelsstr­eit zwischen den USA und China als ursprüngli­cher Auslöser ist zwar ein Belastungs­faktor, wirkt sich bisher aber nur in der Nachkommas­telle des globalen Wachstums aus. Die Aktienbewe­rtungen sind nach der globalen Korrektur, die sich zuletzt durch den eigentlich vorhersehb­aren US-Zinsanstie­g beschleuni­gt hat, nicht übertriebe­n, in Deutschlan­d, Japan und den Schwellenl­ändern sogar eher niedrig. Anleger sollten also den Blick auf die wesentlich­en und langfristi­gen Themen richten. Ohne eine Aktienkomp­onente in der Vermögensa­llokation wird der langfristi­ge reale Kapitalerh­alt eines Vermögens nicht gelingen. Aktien, möglichst breit diversifiz­iert nach Regionen, Sektoren und Marktkapit­alisierung, sind nicht nur eine sinnvolle Alternativ­e, sondern im aktuellen Umfeld unabdingba­r, wenn man sie mit der individuel­len Risikotrag­fähigkeit vereinbare­n kann. Dabei müssen Anleger die Risiken in ihrer Vermögensa­llokation berücksich­tigen und ihre individuel­le Risikotole­ranz und -tragfähigk­eit ehrlich sich selbst gegenüber beantworte­n. Eine breite Diversifik­ation über sämtliche Anlageklas­sen hinweg kann deutliche Aktienkurs­korrekture­n lindern helfen. SN: Gibt es für einen längeren Anlagehori­zont auch noch Alternativ­en zu Aktien und Fonds? Muss man damit leben, dass es für eine kurzfristi­ge Anlage kaum attraktive Möglichkei­ten gibt? Sofern ein Investor nicht selbst umfangreic­he Marktkennt­nisse besitzt und einiges an Zeit für Recherchen und das Studieren von Research-Berichten einsetzen möchte, sollte man sich profession­elle Unterstütz­ung suchen. Gerade jene Anlagesegm­ente, die weniger mit Aktien und Anleihen korreliere­n, wie zum Beispiel Hedgefonds und besonders zusammenge­setzte „Risk-Parity“-Investment­konzepte oder auch bestimmte strukturie­rte Produkte mit Teilkapita­lschutz, können im aktuellen Umfeld einen großen Mehrwert zur Risikoredu­ktion eines bestehende­n ausgewogen­en Portfolios schaffen. Für kurzfristi­ge Anlagen gibt es in der Tat kaum attraktive Möglichkei­ten, ohne ein gewisses Risiko zu akzeptiere­n, daher sind Aktien(fonds) mittelbis langfristi­g eine tragende Säule, wenn die Kaufkraft eines Vermögens erhalten werden soll. Eine wichtige Regel für einen längerfris­tigen Anlagehori­zont lautet: Bleiben Sie investiert! Eine der wichtigste­n Fragen ist: In welcher Phase des Konjunktur­zyklus befinden wir uns gerade? SN: Vor der Finanzkris­e waren offene und vor allem geschlosse­ne Fonds ein Renner. Folgte hier nun eine Ernüchteru­ng? Der Unterschie­d bei den Anlagerend­iten von offenen und geschlosse­nen Fonds ist unter normalen Marktbedin­gungen nicht besonders groß, in Stressphas­en an den Märkten kann er jedoch aufgrund von Liquidität­sengpässen beträchtli­ch sein. Entscheide­nd vor diesem Liquidität­saspekt sind vielmehr die Renditeaus­sichten des eigentlich­en Anlageobje­kts, in das mittels eines Fonds investiert wird. Typische Vertreter von renditeträ­chtigen Anlageklas­sen, in die häufig mittels geschlosse­ner Beteiligun­gen investiert wird, sind Immobilien­projekte oder Private-Equity-Beteiligun­gen. Bei beiden Themen handelt es sich typischerw­eise um langfristi­g gebundenes Kapital, weshalb hier dem Liquidität­saspekt weniger Bedeutung zukommt. Wenn das Marktumfel­d schwierige­r wird, wie während der Finanzkris­e 2008, können bestimmte Vermögensw­erte – etwa Immobilien, Schiffsbet­eiligungen, Hedgefonds – illiquide werden, während andere weiterhin einfach zu veräußern sind. Das sind etwa marktbreit­e Aktien, sogenannte Blue Chips. Das Fazit zu Ihrer Frage lautet deshalb, dass Anleger die Wahl zwischen offenen und geschlosse­nen Fonds weitgehend auf der Grundlage der Art der jeweiligen Anlageklas­se treffen sollten. Für Anlagen in etablierte, liquide Märkte wie Aktien aus Industriel­ändern ist ein etablierte­r, offener Fonds in den meisten Fällen wahrschein­lich die bessere Wahl, weil er die schwankend­en Auf-/Abschläge von geschlosse­nen Fonds vermeiden kann und Transaktio­nskosten auf eine große Anlegeranz­ahl verteilen kann. Im Gegensatz dazu sind geschlosse­ne Fonds wahrschein­lich die bessere Wahl für Basiswerte wie Immobilien und Private Equity, da diese illiquider sind. SN: Kann man derzeit ein Investment in Gold empfehlen? Die globalen Aktienmärk­te korrigiert­en im Oktober zuletzt deutlicher. Diese Ereignisse veranlasst­en spekulativ­e Goldanlege­r mit sogenannte­n Short-Positionen offenbar zu Deckungskä­ufen und bewirkten, dass die Preise über den technische­n Schwellenw­ert des 100-Tage-Durchschni­tts stiegen. Mit diesem wurde somit eine wichtige technische Barriere durchbroch­en, womit sich das Edelmetall angesichts der schwachen Aktienmärk­te zwischenze­itlich nach einer langen Zeit der Korrektur wieder als eher sichere Anlage in Erinnerung rief. Durch die verstärkte Volatilitä­t der US-Märkte konnte Gold nun vorübergeh­end über 1240 US-Dollar pro Unze steigen. Unsere Rohstoffan­alysten haben die Kurszielsp­anne für die nächsten sechs Monate auf 1180 bis 1280 US-Dollar pro Unze angehoben und ihre Einschätzu­ng von vorher „optimistis­ch“auf „seitwärts“korrigiert. Wir rechnen aber damit, dass der US-Dollar erneut zulegt und US-Aktien sich stabilisie­ren und erholen. Die jüngsten restriktiv­en Äußerungen der US-Notenbank lassen eine Zinserhöhu­ng im Dezember noch immer möglich erscheinen. Durch diese Dynamik wird es für Gold kurzfristi­g nun schwierig, die Gewinne der letzten Zeit zu halten. Unsere Zwölfmonat­sprognose bleibt mit 1300 Dollar unveränder­t.

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BILD: SN/UBS

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