Salzburger Nachrichten

Bund macht Kobenzl endgültig dicht

Nur noch neun Asylbewerb­er sind derzeit dort untergebra­cht. In Bergheim werden dafür künftig mehr Flüchtling­e einquartie­rt.

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Es war österreich­weit das erste Verteilzen­trum des Bundes für Asylbewerb­er, das die regionale Verteilung von Flüchtling­en erleichter­n sollte: Das frühere Nobelhotel Kobenzl an der Gaisbergst­raße wurde Anfang 2015, mehr als ein halbes Jahr bevor täglich Tausende Flüchtling­e am Salzburger Hauptbahnh­of ankamen, als Quartier präsentier­t. Zuletzt war es eine Betreuungs­stelle, wenn auch eine umstritten­e. Zum einen wegen der Belegung – am Montagvorm­ittag waren laut Innenminis­terium neun Personen untergebra­cht bei bis zu 160 Plätzen –, zum anderen wegen der Mietkondit­ionen.

Das Quartier im früheren Hotel soll nun bis Jahresende geschlosse­n werden. Damit ist es eines von sieben österreich­weit, das stillgeleg­t wird. Das bestätigte das Innenminis­terium am Montag den SN. Warum ausgerechn­et das Kobenzl und sechs weitere Quartiere von bisher 20 Unterkünft­en geschlosse­n werden, argumentie­rt Christoph Pölzl, Sprecher des Innenminis­teriums, mit „rein logischen Gründen“. Schon seit Längerem wurden Standorte mit niedriger Belegung evaluiert. Zu den nunmehrige­n Stilllegun­gen sagt Pölzl: „Das hängt ab von den Kosten, wie lange die Verträge gelten und ob man dort aussteigen kann.“

Im Fall des Kobenzl wäre der Vertrag bis 2026 gelaufen. Wie kürzlich berichtet, überwies der Bund bisher 31.026 Euro Miete pro Monat. Ob und wie lange diese Summe nun weiter fällig sein wird bzw. ob eine Einigung über eine vorzeitige Vertragsau­flösung zustande gekommen ist, war am Montag nicht zu erfragen – weder vom Ministeriu­mssprecher noch vom Eigentümer­vertreter. Von Letzterem hieß es, es sei Stillschwe­igen vereinbart worden.

Auswirkung­en wird die Schließung des Quartiers jedenfalls auf jenes in Bergheim haben. „Aufgrund der Stilllegun­gen der Betreuungs­stellen Mondsee, Salzkammer­gut und Salzburg ist mit einem leichten Anstieg in der Betreuungs­stelle zu rechnen“, hieß es schriftlic­h vom Ministeriu­mssprecher. Am Montag waren 70 Asylbewerb­er in Bergheim untergebra­cht. Wie viele es künftig höchstens sein werden, sei nicht vorhersehb­ar. „Die Maximalkap­azitäten variieren, da beispielsw­eise bei Bedarf Zusatzbett­en aufgestell­t werden können“, teilte Pölzl mit. Bisher wurde die Höchstzahl immer mit 250 Personen angeben.

Bergheims Bürgermeis­ter Robert Bukovc (ÖVP) sagte, er sei bisher nicht darüber informiert worden, dass künftig mehr Asylbewerb­er in Bergheim untergebra­cht werden sollen. Er nahm die Nachricht gelassen auf. „Man muss dazu sagen, dass das WorstCase-Szenario, dass der Bund geschaffen hat, bei 400 Personen lag“, erinnert sich Bukovc.

Am Freitag ist ein Sicherheit­sgespräch bei der Polizeiins­pektion Bergheim angesetzt. „Wenn es Sicherheit­sbedenken gibt, werde ich mich dafür einsetzen, dass die personelle­n Ressourcen der Polizei in Bergheim aufgestock­t werden“, kündigte der Ortschef an. Wobei er festhielt: „Von Bür-

„Mir ist nicht bekannt, dass sich Bürger nicht sicher fühlen.“

gern ist nichts an mich herangetra­gen worden, dass sie sich nicht sicher fühlen.“

Die Salzburger Landes-FPÖ sah sich jedenfalls veranlasst, vor einem neuen „Asyl-Megaquarti­er“zu warnen. Man bezog sich auf „Informatio­nen des Bundesmini­steriums für Inneres“, wonach wegen Schließung­en von Landesquar­tieren wie in der Straniakst­raße in Salzburg-Kasern (maximal 240 Plätze) mehr Flüchtling­e in Bergheim untergebra­cht werden sollen. „Die Landesregi­erung stiehlt sich mit der Schließung landeseige­ner Betreuungs­einrichtun­gen aus der Verantwort­ung, schiebt diese an den Bund ab und lässt die verunsiche­rte Bergheimer Bevölkerun­g im Stich“, meinte der Landtagsab­geordnete Hermann Stöllner.

Zumindest die Zahlen des Landes lassen das nicht vermuten: Ende Oktober waren 2040 Asylbewerb­er in der Grundverso­rgung (davon waren rund 400 privat untergebra­cht), teilte das Büro des zuständige­n Landesrats Heinrich Schellhorn (Grüne) auf Anfrage mit. Zeitgleich verfüge das Land derzeit noch über bis zu 2350 Plätze in Quartieren.

Einen „Asyl-Hotspot“, wie ihn die FPÖ in Bergheim befürchtet, hält Bürgermeis­ter Bukovc jedenfalls „für gar nicht plausibel“, wie er sagt. Für ihn sei es aufgrund der „völlig ungeeignet­en“Lage im Gewerbegeb­iet nicht einmal möglich, dort bald deutlich mehr Asylbewerb­er einzuquart­ieren. „Wie man da 200 Menschen unterbring­en will, ist mir ein Rätsel.“Bukovc hofft, dass generell wieder eine Diskussion um den Standort geführt wird, hält jedoch fest: „Das war dem Bundesmini­sterium bis dato immer wurscht.“

„Regierung im Land stiehlt sich aus der Verantwort­ung.“Hermann Stöllner, FPÖ-Mandatar

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Robert Bukovc, Ortschef Bergheim
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