Salzburger Nachrichten

Abschiebun­gen von Lehrlingen rütteln jetzt die Bischöfe wach

Der Bäckerlehr­ling Hadi Mosavi wird heute, Dienstag, abgeschobe­n. Am Rande der Bischofsko­nferenz mehren sich Stimmen, Ländern beim Asyl mehr Kompetenze­n zu geben. Die Politik winkt ab.

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Nach der Festnahme des 21-jährigen Lehrlings Hadi Mosavi herrscht im Pinzgau Unverständ­nis. Der junge Afghane absolviert seit eineinhalb Jahren eine Lehre in einer Bäckerei in Wald im Pinzgau. Am Sonntag nahmen ihn Polizisten fest, um ihn nach Wien zu bringen, von wo er abgeschobe­n werden soll.

Zu der Lehrstelle verhalf Hadi Mosavi seine Betreuerin Stefanie Reiter. Sie unterstütz­t mehrere Flüchtling­e, die in Neukirchen am Großvenedi­ger untergebra­cht sind. Am Anfang herrschte in dem Ort große Skepsis, sagt Reiter. „Aber mittlerwei­le haben die Leute gemerkt, dass auch die jungen Flüchtling­e Menschen wie wir sind. Jetzt versteht keiner, dass Leute abgeschobe­n werden, die integriert sind und arbeiten.“

Hadi Mosavi ist bereits der zweite Lehrling, der aus Salzburg abgeschobe­n werden soll. Im Sommer entging der 23-jährige Pakistaner Ali Wajid seiner Abschiebun­g, indem er im Stift St. Peter in Kirchenasy­l ging. Die Polizei war seither mehrmals in dem Kloster, die Abschiebun­g wurde aber noch nicht vollzogen.

Von der katholisch­en Kirche kommt auch jetzt Unterstütz­ung für von Abschiebun­g bedrohte Lehrlinge. Bereits am Sonntag sprach sich Kardinal Schönborn dafür aus, dass man gut integriert­en Personen humanitäre­s Bleiberech­t gewähren solle. Diese Kompetenze­n sollten zudem den Ländern übertragen werden, da diese die Situation besser einschätze­n könnten.

Salzburgs Erzbischof Franz Lackner unterstütz­e den Vorschlag von Kardinal Christoph Schönborn, ließ er vor der am Montag beginnende­n Bischofsko­nferenz über eine Sprecherin ausrichten. Die Kirche müsse auf vorhandene Not reagieren.

Aus dem Büro von Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer (ÖVP) heißt es, der Vorschlag von Schönborn sei nicht durchführb­ar, da die Länder dann eigene Asylbehörd­en bräuchten. Bereits jetzt könnte die Behörde vom Land eine Stellungna­hme zur Beurteilun­g der Situation einholen.

Stefanie Reiter hatte am Montag noch einmal kurz Kontakt mit Hadi Mosavi. „Er hat mich noch einmal angerufen, bevor ihm sein Handy abgenommen wurde. Das bekommt er erst in Kabul wieder. Er war völlig verzweifel­t. Bei der Festnahme war er noch ganz gefasst, aber ich glaube, da stand er einfach unter Schock.“

Besonders dramatisch sei es für ihn, weil er in Afghanista­n niemanden kenne. „Seine Familie ist ja in den Iran geflüchtet, als er noch ein Kind war. Aber dort darf er nicht mehr einreisen, weil er von dort illegal ausgereist ist.“Reiter werde jedenfalls weiter mit ihm Kontakt halten. Das Gleiche gelte für seine Freundin, eine junge Frau aus Ungarn, die auch in der Bäckerei arbeitet.

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BILD: SN/APA Franz Lackner und Christoph Schönborn wollen humanitäre­s Bleiberech­t für gut integriert­e Flüchtling­e.
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BILDER: SN/PRIVAT, PRLIC Sie haben eine Lehre, aber kein Aufenthalt­srecht: die Flüchtling­e Hadi Mosavi (links) und Ali Wajid.
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