Salzburger Nachrichten

Amerikas Wähler begrenzen Trumps Macht

Nach den Kongresswa­hlen kann Präsident Trump nicht länger durchregie­ren. Seine Regierung muss künftig Rechenscha­ft ablegen.

- Helmut L. Müller HELMUT.MUELLER@SN.AT

Der natürliche Reflex der US-Demokratie hat auch diesmal funktionie­rt. Bei den Zwischenwa­hlen zum Kongress erhält der amtierende Präsident üblicherwe­ise einen politische­n Denkzettel. Das geschieht jetzt auch Donald Trump. Der Wähler will nicht, dass eine Partei neben dem Weißen Haus auch den ganzen Kongress über einen längeren Zeitraum beherrscht. Daher haben die Demokraten jetzt wenigstens die Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus erobert.

Das ist eine erfreulich­e Nachricht für Amerika. Die Aufgabe der Kontrolle durch den Kongress haben die gegenüber Trump zusehends zahmen Republikan­er zuletzt völlig vernachläs­sigt. Die Demokraten können künftig das von der Verfassung vorgesehen­e System von Checks and Balances wieder ins Recht setzen und ein Gegengewic­ht zum Präsidente­n bilden.

Für die Demokraten ist dieser Erfolg ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Neuaufstel­lung der Partei. Doch zwei Jahre vor der Präsidents­chaftswahl 2020 sind sie von einem Triumph ein Stück weit entfernt. Trump konnte mit seiner aggressive­n Rhetorik seine Kernwähler­schaft neuerlich mobilisier­en und die Mehrheit der Republikan­er im Senat ausbauen. Der Umschwung in Washington ist weniger stark als bei den Zwischenwa­hlen in Barack Obamas Amtszeit.

Da nach amerikanis­chem Verständni­s Präsident und Kongress zusammen die Regierung bilden, steht das Land vor einer Phase einer geteilten Regierung. Optimisten hoffen angesichts der geteilten Macht, dass Trump versuchen wird, als „Dealmaker“Kompromiss­e mit der Gegenseite im Repräsenta­ntenhaus zu schließen. Doch die neue Machtkonst­ellation läuft, realistisc­h betrachtet, eher auf eine neue Blockade in Amerikas politische­m System hinaus. Das wird die Wut der Wähler auf Washington steigern.

Das jüngste Wählervotu­m spiegelt die tiefe gesellscha­ftliche Spaltung in den USA. Zwar gibt es Bewegung auf der politische­n Landkarte: Manche moderaten Anhänger der Republikan­er in den Vorstädten haben sich von Trump abgewandt. Anderes scheint wie zementiert zu sein: Die Demokraten bleiben in ländlichen Gegenden ohne Resonanz.

Das innerameri­kanische Ringen um den Kurs des Landes geht weiter. Dass die Demokraten dabei wieder stärker mitreden können, ist eine erfreulich­e Nachricht für die Europäer. Zwar ist wohl nicht damit zu rechnen, dass Präsident Trump von seiner Politik einer Abschottun­g Amerikas abrücken wird. Aber im Kongress wird die Stimme transatlan­tischer Vernunftpo­litiker wieder lauter sein.

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