Amerikas Wähler begrenzen Trumps Macht
Nach den Kongresswahlen kann Präsident Trump nicht länger durchregieren. Seine Regierung muss künftig Rechenschaft ablegen.
Der natürliche Reflex der US-Demokratie hat auch diesmal funktioniert. Bei den Zwischenwahlen zum Kongress erhält der amtierende Präsident üblicherweise einen politischen Denkzettel. Das geschieht jetzt auch Donald Trump. Der Wähler will nicht, dass eine Partei neben dem Weißen Haus auch den ganzen Kongress über einen längeren Zeitraum beherrscht. Daher haben die Demokraten jetzt wenigstens die Mehrheit im Repräsentantenhaus erobert.
Das ist eine erfreuliche Nachricht für Amerika. Die Aufgabe der Kontrolle durch den Kongress haben die gegenüber Trump zusehends zahmen Republikaner zuletzt völlig vernachlässigt. Die Demokraten können künftig das von der Verfassung vorgesehene System von Checks and Balances wieder ins Recht setzen und ein Gegengewicht zum Präsidenten bilden.
Für die Demokraten ist dieser Erfolg ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Neuaufstellung der Partei. Doch zwei Jahre vor der Präsidentschaftswahl 2020 sind sie von einem Triumph ein Stück weit entfernt. Trump konnte mit seiner aggressiven Rhetorik seine Kernwählerschaft neuerlich mobilisieren und die Mehrheit der Republikaner im Senat ausbauen. Der Umschwung in Washington ist weniger stark als bei den Zwischenwahlen in Barack Obamas Amtszeit.
Da nach amerikanischem Verständnis Präsident und Kongress zusammen die Regierung bilden, steht das Land vor einer Phase einer geteilten Regierung. Optimisten hoffen angesichts der geteilten Macht, dass Trump versuchen wird, als „Dealmaker“Kompromisse mit der Gegenseite im Repräsentantenhaus zu schließen. Doch die neue Machtkonstellation läuft, realistisch betrachtet, eher auf eine neue Blockade in Amerikas politischem System hinaus. Das wird die Wut der Wähler auf Washington steigern.
Das jüngste Wählervotum spiegelt die tiefe gesellschaftliche Spaltung in den USA. Zwar gibt es Bewegung auf der politischen Landkarte: Manche moderaten Anhänger der Republikaner in den Vorstädten haben sich von Trump abgewandt. Anderes scheint wie zementiert zu sein: Die Demokraten bleiben in ländlichen Gegenden ohne Resonanz.
Das inneramerikanische Ringen um den Kurs des Landes geht weiter. Dass die Demokraten dabei wieder stärker mitreden können, ist eine erfreuliche Nachricht für die Europäer. Zwar ist wohl nicht damit zu rechnen, dass Präsident Trump von seiner Politik einer Abschottung Amerikas abrücken wird. Aber im Kongress wird die Stimme transatlantischer Vernunftpolitiker wieder lauter sein.