Der Bruder des Obersten spricht
Das Bundesheer zieht Konsequenzen aus der Russland-Spionage. Der Verdächtige wiederum hat „volles Vertrauen in die Justiz“.
Im Spionagefall um einen pensionierten Obersten des Österreichischen Bundesheeres sprachen die SN mit dem Bruder des Verdächtigen.
Im Spionagefall um einen pensionierten Oberst des Österreichischen Bundesheeres aus Salzburg konnten die SN mit dem Bruder des Verdächtigen sprechen. Letztgenannter soll mehr als 25 Jahre lang für insgesamt rund 300.000 Euro Agentenlohn für Russland spioniert haben. Für den Mann gilt die Unschuldsvermutung.
Der – ebenfalls bereits pensionierte – Bruder des Offiziers ist von der mutmaßlichen Verstrickung in Spionageaktivitäten überrascht – er habe davon aus der Zeitung erfahren. Er beschreibt den 70-Jährigen, zu dem er „ein korrektes, aber oberflächliches Verhältnis“pflege, als „völlig unauffällig“, als „ruhigen Typen“und „friedliebenden Menschen“, der „immer um Ausgleich bemüht“gewesen sei. Außerdem sei er ein ausgeprägter Familienmensch. Der pensionierte Oberst hat mit seiner Frau drei erwachsene Kinder und lebt laut seinem Bruder seit Jahrzehnten in einer Salzburger Umlandgemeinde.
Die Auslandseinsätze des Bundesheeres im Auftrag der UNO hätten den Offizier nach Zypern, in den Iran und auf die Golanhöhen zwischen Israel und Syrien geführt. „Bei Zypern habe ich mir gedacht, dass er dafür genau der Richtige ist: Einer, der zwischen zwei verfeindeten Parteien vermittelt“, erinnert sich sein Bruder. Nach derzeitigem Kenntnisstand soll der frühere Offizier unter anderem Daten über die Migrationssituation in Österreich weitergegeben haben. Sein Bruder sagt dazu, er habe während der Asylkrise 2015 bemerkt, dass er sich für das Thema interessierte, aber eher auf eine politische Art und Weise. „Ich habe nie den Eindruck gehabt, dass er da interne Spezialkenntnisse hat“, betonte der Ex-Angestellte. Am Montag beantragte die Staatsanwaltschaft Salzburg, dass der 70-jährige Verdächtige in Untersuchungshaft genommen wird (siehe Zusatzbericht). Entscheiden muss darüber eine Haft- und Rechtsschutzrichterin am Landesgericht, dies soll heute, Dienstag, erfolgen. Der Oberst in Ruhe befindet sich seit dem Wochenende in der Justizanstalt Salzburg in Verwahrungshaft. Interessant wird die Begründung, denn für U-Haft gibt es nur drei Gründe: Neben der Gefahr der (neuerlichen) Tatbegehung sind das Verdunkelungssowie Fluchtgefahr.
Der mutmaßliche Russland-Spion hat den Salzburger Rechtsanwalt Michael Hofer als Verteidiger beauftragt. Hofer: „Ich habe am Montag ein zweistündiges Gespräch mit meinem Mandanten geführt. Er hat mir versichert, dass er zu keiner Zeit Staatsgeheimnisse an andere Länder, Mächte oder Dienste verraten hat. Er hätte zu solchen Informationen auch gar keinen Zugang gehabt.“Hofer betont zudem im SN-Gespräch, dass sein Mandant gegenüber den Strafverfolgungsbehörden einiges richtigstellen wolle. Der Oberst in Ruhe habe diesbezüglich „volles Vertrauen in die Justiz“.
Im Bundesheer hat die Affäre, die wegen der öffentlichen Bekanntgabe durch die Regierung zu Verstimmungen zwischen Österreich und Russland führte, auch erste Konsequenzen. „Wir haben eine Sicherheitsbelehrung für alle Heeresangehörigen durchgeführt, um die Vorschriften für die militärische Sicherheit in Erinnerung zu rufen“, sagte Bundesheer-Sprecher Michael Bauer. Zudem werde der Fall natürlich auch zum Anlass genommen, dass hinterfragt werde, wer wo zu welchen Bereichen und Informationen Zugang habe. Aber das helfe gegen vorsätzliche Straftaten freilich nur bedingt.
„Er hat volles Vertrauen in die Justiz.“