Der EU-Ratsvorsitz brachte Kanzler Kurz keine neuen Freunde
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn geißelt in gewohnt scharfer Form Österreichs Ratsvorsitz. Doch was sagen relevante Stellen in Brüssel?
Jean Asselborn ist enttäuscht von der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft. Das überrascht nicht, denn der Luxemburger Sozialdemokrat und Außenminister arbeitet sich an der ÖVP-FPÖ-Regierung seit ihrem Antritt verbal ab. „Österreich macht alles, was ein ehrlicher Makler nicht macht“, sagte er diese Woche zum „Profil“mit Verweis auf den Rückzug aus dem UNO-Migrationspakt – obwohl der keine wirkliche EU-Aufgabe ist. Sieben Wochen sind noch übrig von dem halben Jahr, in dem Österreich unter den Mitgliedsstaaten den Vorsitz führt, abzüglich der Weihnachtsferien nur sechs. In Brüssel wird Österreichs Präsidentschaft deutlich freundlicher beurteilt als in Luxemburg. Ist ein Land am Ende einer Legislaturperiode an der Reihe, wie Österreich, hat sich erfahrungsgemäß einiges aufgestaut: Da sind zum einen die Gesetzesentwürfe, die einfach zeitlich jetzt zu erledigen sind. Da sind aber auch die besonders ungeliebten und schwierigen Themen, die wie heiße Kartoffeln von einer Präsidentschaft an die nächste weitergereicht werden.
Die heißeste darunter wird wohl zu Jahresende an den rumänischen Vorsitz weitergegeben werden: das Asylpaket mit den umstrittenen Flüchtlingsquoten. Ob die Kompromisssuche von österreichischer Seite nicht ernsthaft genug war (wie im EU-Parlament da und dort vermutet wird) oder von vornherein zum Scheitern verurteilt war, weil die EU-Staaten völlig zerstritten sind (wie es im Rat heißt), wird sich wohl nie klären lassen.
An der Professionalität der österreichischen EU-Vertreter liegt es jedenfalls nicht, wird in Brüssel immer wieder betont. Viele haben in den Ferien im August durchgearbeitet. 270 Dossiers – von kleinen Novellierungen bis zu Megapaketen wie dem nächsten mehrjährigen EU-Haushalt – sind auf dem Tisch der Präsidentschaft gelandet. Viele kleine Erfolge kann Österreich schon verbuchen, darunter die CO2-Abgaswerte für Pkw oder das Verbot von Einwegplastik. Bis Weihnachten sollten in sogenannten Trilogen weitere Einigungen erzielt werden, wie die Verhandlungen zwischen Mitgliedsstaaten, Parlament und Kommission im Fachjargon heißen. Und natürlich hoffen alle, dass ein Brexit-Abkommen gelingt.
Was in EU-Kreisen in Brüssel nicht nur positiv auffällt, ist die starke inhaltliche Steuerung aus Wien. Das mache Kompromisse schwierig, erzählt ein EU-Vertreter. Die forsche und nicht immer auf Harmonie ausgerichtete Art von Österreichs Kanzler Sebastian Kurz habe ihm „nicht viele neue Freunde während der Präsidentschaft“gebracht, sagt ein anderer Auskenner. Jedenfalls nicht seinen früheren Außenministerkollegen aus Luxemburg.