Die zentrale politische Figur im Spitalsfiasko muss aussagen
Sonja Wehsely war zehn Jahre lang für den Großbau des Krankenhauses Wien-Nord politisch verantwortlich. Wie groß war ihre Einflussnahme? Heute ist sie Zeugin vor der U-Kommission.
Eine beispiellose Kostenexplosion, massive Bauverzögerungen, mangelndes Know-how und ein heillos überfordertes Projektmanagement. Heute, Dienstag, muss die politische Hauptverantwortliche des Fiaskos rund um die Errichtung des Krankenhauses Wien-Nord der städtischen Untersuchungskommission Rede und Antwort stehen: Sonja Wehsely war zehn Jahre lang (2007 bis 2017) Wiener Gesundheitsstadträtin, genau in jenen Jahren also, in denen das Großbauprojekt so richtig aus dem Ruder lief.
Ihr werden von der Stadt-Opposition, untermauert von einem desaströsen Rechnungshofbericht (RH), massive Fehlentscheidungen zur Last gelegt. Der KrankenhausBau war auch einer der Gründe, die im Jänner 2017 zum Rückzug Wehselys aus der Wiener Stadtpolitik führten. Im SPÖ-internen Richtungsstreit war sie eine zu große Belastung im Team des damaligen Bürgermeisters Michael Häupl geworden. Die 48-Jährige, die als Aushängeschild des linken Parteiflügels galt und polarisierte wie kaum ein Mitglied der Stadtregierung, war neben dem Krankenhausdebakel auch wegen mangelnder Kon- trollen in islamischen Kindergärten und der hohen Zahl von Mindestsicherungsbeziehern in der Bundeshauptstadt ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Nach ihrem Ausscheiden aus der Politik wechselte sie in die Führungsebene von Siemens Health Care in Deutschland. Zuvor hatte Wehsely stets als Nachwuchshoffnung der Wiener SPÖ gegolten, sogar als Häupl-Nachfolgerin im Rathaus war sie gehandelt worden. Nach ihrem Abgang versuchte ihr Lebensgefährte Andreas Schieder sein Glück im Rennen um den Bürgermeistersessel. In der parteiinternen Kampfabstimmung unterlag Schieder, der gerade wegen seiner Frau auch als Kandidat des linken Flügels wahrgenommen wurde, schließlich Michael Ludwig.
Die Aussagen Wehselys heute, Dienstag, werden jedenfalls mit Spannung erwartet. Unter ihrer Führung fiel etwa die Entscheidung, dass die Stadt das neue Spital nicht mit dem Bieterkonsortium aus Porr-Siemens-Vamed baute, sondern der städtische Krankenanstaltenverbund (KAV) selbst die Bauherrenrolle übernahm. Diesem fehlte aber das Know-how, wie der RH in seinem im Frühjahr erschienenen Bericht in aller Deutlichkeit kritisierte. Die Kosten für den Großbau gingen über all die Jahre beispiellos in die Höhe: Eine vage Schätzung des KAV ergab 2007 350 Mill. Euro. 2010 wurde auf 825 Mill. Euro korrigiert. Nach Ablaufstörungen, der nicht ausschreibungsreifen Planung und zahlreichen geänderten Leistungen lagen 2017 die Abweichungen davon bei bis zu 38 Prozent. Und das ist laut RH noch nicht die Obergrenze: Sollte der KAV seine Bauherrenrolle weiter derart schleißig erfüllen, werden die Kosten 1,4 Milliarden Euro überschreiten, heißt es.
Der deutsche Spitalsmanager Udo Janßen, der von 2014 bis Anfang 2017 Chef des KAV war, hatte bei seiner Befragung vor drei Wochen der Politik, namentlich Sonja Wehsely (die ihn als KAVChef gegen breiten Widerstand eingesetzt hatte), massive Einflussnahme auf das Management des KAV vorgeworfen.