„Ich habe meine Mutter von Herzen geliebt“
Ein 25-Jähriger prügelte seine Mutter zu Tode. Doch selbst die Anklage zeigte Mitgefühl.
Sein Blick ging ins Leere, und immer wieder liefen Tränen über das Gesicht des 25-Jährigen. Leise und gefasst antwortete der junge Mann im dunkelblauen Anzug, der erst im Herbst 2017 sein Architekturstudium absolviert hatte, auf die Fragen von Richter Andreas Böhm. „Geht’s Ihnen gut?“, fragte dieser den Angeklagten.
Der 25-Jährige hatte am 10. April 2018 seine Mutter erschlagen. Im Streit stieß er sie zu Boden, schlug und trat auf sie ein, bis er schließlich mit den Füßen voran auf ihren Kopf sprang. Die Frau starb noch in der gemeinsamen Wohnung. „Ich habe meine Mutter von Herzen geliebt“, beteuerte der Beschuldigte. Und kaum jemand im brechend vollen Gerichtssaal mochte daran zweifeln. Selbst die Staatsanwältin sagte: „Das ist eine ganz furchtbare Tat – aber Herr A. kann nichts dafür. Er soll nicht bestraft, ihm soll geholfen werden.“Das ungewöhnliche Plädoyer der Anklägerin hat einen Grund: Der 25-Jährige leidet unter paranoider Schizophrenie. Das Bittere daran: Die Krankheit war erst kurz vor der Tat diagnostiziert worden.
Bereits einen Monat zuvor hatte sich die Krankheit erstmals gezeigt. Am Hauptbahnhof pöbelte der Mann Passanten an und wurde von der Polizei ins Kaiser-Franz-JosefSpital gebracht. Dort stellte man die Diagnose und verschrieb Medikamente. Doch via Revers verließ der junge Mann noch am selben Tag das Spital. Das Rezept löste er nie ein.
In den darauf folgenden Wochen, erzählte A. vor Gericht, habe er immer wieder Stimmen gehört, Dinge gesehen und gerochen, „die nicht da waren“. Am 9. April bekam der 25-Jährige die Zusage für ein Berufspraktikum. Endlich hatte er Arbeit gefunden, denn die Mutter war kaum noch in der Lage, die Miete zu bezahlen. „Ich war total euphorisch“, erinnerte sich der Angeklagte. Das aber war für seinen schwer angeschlagenen psychischen Zustand zu viel. Er bildete sich ein, die neue Firma habe für ihn und seine (nicht existente) Frau eine Wohnung bereitgestellt. A. klopfte so lang an eine völlig fremde Wohnungstür, bis ihn andere Hausparteien hinauskomplimentierten.
Tags darauf hielt es die Mutter nicht mehr aus. Immer und immer wieder fragte sie ihren Sohn, was mit ihm los sei. Sie folgte ihm durch die ganze Wohnung, ließ nicht locker. Für den 25-Jährigen war das zu viel. In einer Art Wutrausch fiel er über seine Mutter her. Just an ihrem Todestag hätten die beiden eigentlich Grund zum Feiern gehabt: Es war ihr Geburtstag.
A. wird laut Richterspruch in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.