Sträflich unterschätzt: Scheiterhaufen, Nonnenfurz und Hasenöhrl
Ein Rundgang durch die Fachmesse „Alles für den Gast“weckt Erinnerungen an kulinarische Perlen aus dem Mittelalter.
Zwei Tage lang dauert sie noch, die Fachmesse „Alles für den Gast“. Die Teufelsküche besucht diese Messe schon seit Jahrzehnten. Früher hieß es, die Besucher standen „dicht getränkt“an den Ständen. Heute ist sie schon so erfolgreich geworden, dass die Besucher in den Gängen dicht gedrängt mehr stehen als gehen.
Was im Herbst hinzukommt, das ist permanentes Niesen und Husten. Der Satz „Der Mensch als Wirt“hatte bei dieser Messe schon immer eine doppelte Bedeutung. Weil auch Viren einen Wirt brauchen. Genau genommen brauchen sie eine Wirtszelle. Die ist so etwas wie der Sitzplatz im Wirtshaus. Diese lebende Zelle kann von einem Virus, einem intrazellulären Bakterium oder einem intrazellulären Parasiten infiziert werden.
Die Viren führen uns auch zum Schwerpunkt der diesjährigen Messe: Die Gastronomie soll digital auf Vordermann gebracht werden. Es wird sicher bald Koch-Shows wie „Das virtuelle Wirtduell“im Fernsehen geben. Mit einer digitalen Administration kann man nämlich viel Zeit und Personal sparen.
Wie unsere Gastronomie bald aussehen wird? Lagerbestand und Einkäufe werden digital systematisiert. In der Küche werken Roboter und den Service übernehmen eh schon mancherorts iPads. Immerhin wird der Gast (noch) nicht gedrängt, mitzuarbeiten. In Supermärkten ist das schon anders. Da wird man schon einmal sanft dazu angehalten, seine Einkäufe selbst zu scannen. Auch Teilzeit-Reisefachleute sind wir schon. Wir buchen digital Flüge und Hotels, bevor wir am Flughafen selbst einchecken. Nur fliegen dürfen wir noch nicht. Aber diesen Job erledigt eh die meiste Zeit der Autopilot. All das macht nachdenklich, inmitten all dieser Food-Innovationen in den Messehallen. Man wünscht sich plötzlich einen Scheiterhaufen. Nein. Keine Sorge. Die Teufelsküche ist kein Gastro-Taliban. Das Gericht ist gemeint. Also die Resteverwertung von altem Weißbrot. Der Name kommt nur von der Art und Weise, wie die Zutaten geschichtet werden. Eben wie bei einem Scheiterhaufen. Oder kennen Sie Hexenschaum? Bei diesem Gericht, das mittelalterlicher Kochkunst entsprang, erinnern sich viele zärtlich an ihre Kindheit. Das sind Bratäpfel, die mit schaumig geschlagenem Eiweiß serviert werden. Aus dem Mittelalter stammt auch der Nonnenfurz. Das ist ein fettes Schmalzgebäck aus Hefeteig und deshalb mit den Hasenöhrln verwandt. Diese Teigtaschen werden so lang im Schmalz gebacken, bis sie aufgehen wie ein Polster. Deshalb kennt man Hasenöhrl auch als Polsterzipf.
Die genauen Rezepte dieser mittelalterlichen Köstlichkeiten finden Sie im Internet. Stimmt schon: Digital ist voll super. Aber nur, solange Sie noch selbst kochen, okay?