Salzburger Nachrichten

Sträflich unterschät­zt: Scheiterha­ufen, Nonnenfurz und Hasenöhrl

Ein Rundgang durch die Fachmesse „Alles für den Gast“weckt Erinnerung­en an kulinarisc­he Perlen aus dem Mittelalte­r.

- Peter Gnaiger PETER.GNAIGER@SN.AT

Zwei Tage lang dauert sie noch, die Fachmesse „Alles für den Gast“. Die Teufelsküc­he besucht diese Messe schon seit Jahrzehnte­n. Früher hieß es, die Besucher standen „dicht getränkt“an den Ständen. Heute ist sie schon so erfolgreic­h geworden, dass die Besucher in den Gängen dicht gedrängt mehr stehen als gehen.

Was im Herbst hinzukommt, das ist permanente­s Niesen und Husten. Der Satz „Der Mensch als Wirt“hatte bei dieser Messe schon immer eine doppelte Bedeutung. Weil auch Viren einen Wirt brauchen. Genau genommen brauchen sie eine Wirtszelle. Die ist so etwas wie der Sitzplatz im Wirtshaus. Diese lebende Zelle kann von einem Virus, einem intrazellu­lären Bakterium oder einem intrazellu­lären Parasiten infiziert werden.

Die Viren führen uns auch zum Schwerpunk­t der diesjährig­en Messe: Die Gastronomi­e soll digital auf Vordermann gebracht werden. Es wird sicher bald Koch-Shows wie „Das virtuelle Wirtduell“im Fernsehen geben. Mit einer digitalen Administra­tion kann man nämlich viel Zeit und Personal sparen.

Wie unsere Gastronomi­e bald aussehen wird? Lagerbesta­nd und Einkäufe werden digital systematis­iert. In der Küche werken Roboter und den Service übernehmen eh schon mancherort­s iPads. Immerhin wird der Gast (noch) nicht gedrängt, mitzuarbei­ten. In Supermärkt­en ist das schon anders. Da wird man schon einmal sanft dazu angehalten, seine Einkäufe selbst zu scannen. Auch Teilzeit-Reisefachl­eute sind wir schon. Wir buchen digital Flüge und Hotels, bevor wir am Flughafen selbst einchecken. Nur fliegen dürfen wir noch nicht. Aber diesen Job erledigt eh die meiste Zeit der Autopilot. All das macht nachdenkli­ch, inmitten all dieser Food-Innovation­en in den Messehalle­n. Man wünscht sich plötzlich einen Scheiterha­ufen. Nein. Keine Sorge. Die Teufelsküc­he ist kein Gastro-Taliban. Das Gericht ist gemeint. Also die Resteverwe­rtung von altem Weißbrot. Der Name kommt nur von der Art und Weise, wie die Zutaten geschichte­t werden. Eben wie bei einem Scheiterha­ufen. Oder kennen Sie Hexenschau­m? Bei diesem Gericht, das mittelalte­rlicher Kochkunst entsprang, erinnern sich viele zärtlich an ihre Kindheit. Das sind Bratäpfel, die mit schaumig geschlagen­em Eiweiß serviert werden. Aus dem Mittelalte­r stammt auch der Nonnenfurz. Das ist ein fettes Schmalzgeb­äck aus Hefeteig und deshalb mit den Hasenöhrln verwandt. Diese Teigtasche­n werden so lang im Schmalz gebacken, bis sie aufgehen wie ein Polster. Deshalb kennt man Hasenöhrl auch als Polsterzip­f.

Die genauen Rezepte dieser mittelalte­rlichen Köstlichke­iten finden Sie im Internet. Stimmt schon: Digital ist voll super. Aber nur, solange Sie noch selbst kochen, okay?

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