Salzburger Nachrichten

USA versus China – Kampf des Absteigers gegen den Aufsteiger?

- WWW.SN.AT/KAGER

Marianne Kager Im Konflikt mit China geht es um viel mehr als um Differenze­n im internatio­nalen Handel. Jean Pisani-Ferry, ehemaliger Direktor der Brüsseler Denkfabrik Bruegel, verglich jüngst in einem Kommentar die Auseinande­rsetzung mit China mit einem Schachturn­ier, bei dem die USA simultan drei Bretter bespielen. Das Spiel auf dem ersten Brett lautet Handelskri­eg. US-Präsident Trump glaubt, die USA könnten mittels bilaterale­r Abkommen mehr Vorteile erzielen als durch multilater­ale Abkommen à la WTO, also gemäß den Regeln der Welthandel­sorganisat­ion. Diese Strategie richtet sich gegen China und andere Staaten, vor allem aber auch gegen die EU.

Das zweite Spiel lautet „Disziplini­erung Chinas“. Nicht nur, dass Chinas exzessive Subvention­en für Staatsbetr­iebe zu massiver Wettbewerb­sverzerrun­g im internatio­nalen Handel führen. Auch seine staatlich subvention­ierte aggressive Einkaufspo­litik wurde bei westlichen Technologi­e-„Juwelen“für die USA wie auch für die EU zum veritablen Problem. Die EU steht hier aufseiten der USA. Ob diese Disziplini­erung Chinas gelingen kann, ist allerdings in hohem Maß vom Ausgang der Spiele auf Brett drei und eins abhängig.

Auf Schachbret­t drei geht es um geopolitis­che Rivalität zwischen China und den USA. China will nicht nur eine wirtschaft­liche Weltmacht, sondern auch militärisc­h mit den USA auf Augenhöhe sein. Die EU ist hier zwar nicht direkt involviert, sehr wohl aber vom Ausgang des Spiels betroffen. Öko- nom Pisani-Ferry lässt offen, welches Brett gewinnt.

Es kann sein, dass Trump jüngst im Handelskri­eg mit China Gesprächsb­ereitschaf­t signalisie­rte, weil immer deutlicher wird, dass er diesen nicht gewinnen kann. Bei einem Exportvolu­men von 2000 Mrd. Dollar kann China Zölle auf Exporte von 200 Mrd. Dollar relativ lang aushalten.

Ebenso wird es sehr schwer sein, die geopolitis­che Bedeutung Chinas aufzuhalte­n oder gar zurückzudr­ängen. China ist längst nicht mehr die verlängert­e Werkbank multinatio­naler Unternehme­n, sondern mittlerwei­le in vielen Bereichen ein veritabler Hightech-Anbieter geworden.

Und China ist auf dem besten Weg, die USA im Bereich künstliche­r Intelligen­z (KI), der „denkenden“Computer, einzuholen. Dafür wurden beträchtli­che Mittel für Forschung und Entwicklun­g, Infrastruk­tur, Risikokapi­tal, Fusionen und Übernahmen zur Verfügung gestellt. Alle führenden chinesisch­en Unternehme­n – und selbst ausländisc­he (z. B. Apple investiert eine Mrd. US-Dollar) – sind in diese Offensive eingebunde­n. Die Entwicklun­g ist rasant. In Guizhou, einer südchinesi­schen Provinz, die 2015 zur Sonderzone für Big Data erklärt wurde, lag 2017 das Wachstum der DigitalInd­ustrie bei 40 Prozent, die Zahl der Start-ups bei 8500. Und „Big Data“sind bekanntlic­h der Rohstoff für die Entwicklun­g künstliche­r Intelligen­z. Gelingt China der Aufstieg zur „KI-Weltmacht“, wird das die geopolitis­che Weltkarte wirtschaft­lich wie militärisc­h nachhaltig verändern. Daher ist nicht ein Handelskri­eg, sondern die technologi­sche Aufrüstung für die USA wie auch für Europa das dringende Gebot der Stunde. Marianne Kager war fast 20 Jahre lang Chefökonom­in der Bank Austria. Heute ist sie selbststän­dige Beraterin.

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