Mit Lebensstil Diabetes bekämpfen
Eine Studie zeigt: Eine starke Gewichtsreduktion innerhalb der ersten fünf Jahre ist sehr erfolgreich und kann „Zucker“wirksam bekämpfen. Erst wenn eine Lebensstiländerung nicht mehr wirkt, sollte man zu Medikamenten greifen.
Studien zeigen, dass es Diabetespatienten gelingen kann, mit der Änderung des Lebensstils die Stoffwechselerkrankung auch ohne Medikamente in den Griff zu kriegen. Das berichtete Andreas Pfeiffer, Leiter der klinischen Arbeitsgruppe des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung in Potsdam, bei einem Diabeteskongress in Deutschland. Zu schaffen sei das mit stark kalorienreduzierter Kost.
„Menschen mit Typ-2-Diabetes leiden auch an einer Insulinresistenz. Das heißt, ihre Bauchspeicheldrüsen produzieren zwar Insulin, jedoch wird es in zu geringen Mengen ausgeschüttet oder wirkt nicht mehr ausreichend an den Zielzellen“, sagte Pfeiffer. Neben einer genetischen Veranlagung fördert vor allem Übergewicht, also eine Verfettung der Organe und der Muskulatur, eine Insulinresistenz.
Pfeiffer erklärt: „Eine kalorienreduzierte Kost und Bewegung kurbeln die Fettverbrennung in den Organen, wie der Leber, und der Muskulatur an und steigern deren Insulinempfindlichkeit wieder.“Deshalb stehen in der Therapie von Typ-2-Diabetes die Ernährungstherapie sowie die Steigerung der körperlichen Aktivität an erster Stelle. Erst wenn diese Maßnahmen erfolglos bleiben, soll gemäß Leitlinie mit einer medikamentösen Therapie begonnen werden.
Die soeben publizierte Großstudie „DiRECT“bestätigt die Wirksamkeit einer solchen Lebensstilintervention: An der Studie nahmen 298 übergewichtige Patienten teil, bei denen die Diagnose Typ-2-Diabetes maximal sechs Jahre zurücklag. Die Studienteilnehmer nahmen an einem intensiven Gewichtsreduktionsprogramm teil (überwiegend mittels Formulanahrung stark kalorienreduzierte Kost mit 500 bis 800 kcal pro Tag), mit dem Ziel, 15 Kilogramm oder mehr abzunehmen. Der Hälfte der Studienteilnehmer gelang es so, ihren Zuckerstoffwechsel wieder zu normalisieren, also eine Remission (Rückgang) des Diabetes zu erreichen. Je mehr sie abnahmen, desto größer war der Behandlungserfolg: Bei Patienten, die ihr Gewicht um mehr als 15 Kilogramm reduzieren konnten, kam es bei etwa 85 Prozent zu einer Diabetes-Remission. Bei Patienten mit einem Gewichtsverlust von zehn Kilogramm sank die Wahrscheinlichkeit für eine Verbesserung der Symptome auf 50 Prozent. Bei Patienten, die nur rund fünf Kilogramm abnahmen, sank die Erfolgsquote auf zirka 20 Prozent.
„Die Aussicht, den Diabetes Typ 2 ohne Medikamente oder Insulinspritzen in den Griff zu bekommen, ist für Betroffene eine hohe Motivation. Manchen Patienten fällt es jedoch schwer, ihre Lebensgewohnheiten langfristig umzustellen“, sagt Pfeiffer. „Umso wichtiger ist es, dass wir diesen Patienten frühzeitig, in den ersten fünf Jahren nach der Diagnose, ein intensives Gewichtsreduktionsprogramm anbieten.“Um die Funktion der Zellen in der Bauchspeicheldrüse wieder zu verbessern und sowohl im Nüchternzustand als auch nach den Mahlzeiten eine gute Insulinempfindlichkeit zu erreichen, ist eine Gewichtsreduktion von etwa 15 Kilogramm also am erfolgversprechendsten. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass eine solch stark kalorienreduzierte Ernährung, die am einfachsten mit einer Formulanahrung realisiert werden sollte, um die Versorgung mit allen essenziellen Nährstoffen sicherzustellen, in acht bis zwölf Wochen bei mehr als 90 Prozent der Betroffenen zu erzielen ist“, berichtete Pfeiffer von der Studie. Um das Gewicht zu halten, ist danach ein intensives Nachsorgeprogramm mit Ernährungsumstellung auf eine gesunde Kost notwendig. Eine Remission ist allerdings nicht gleichbedeutend mit einer Heilung. „Von einer Remission sprechen wir, wenn die Symptome einer Erkrankung bis zur Normalisierung abgeschwächt sind – das kann sowohl vorübergehend als auch dauerhaft der Fall sein“, erklärte dazu Jens Aberle von der Deutschen Diabetes Gesellschaft am Kongress. Es sei möglich, dass der Typ-2-Diabetes nach einer Zeit wieder zurückkehre.