Salzburger Nachrichten

Wohin geht Österreich?

- 5162 Obertrum

Wir haben in der 5. Klasse des Gymnasiums am Kollegium Petrinum in Linz mit unserem Klassenvor­stand Josef Hager 1967 das ehemalige Konzentrat­ionslager Mauthausen besucht. Es war für mich christlich sozialisie­rten Burschen derart schockiere­nd, dass ich mir geschworen habe, mich Zeit meines Lebens für die Einhaltung und Respektier­ung der menschlich­en Grund- und Freiheitsr­echte einzusetze­n. So etwas dürfte nie mehr wieder passieren, auf keinen Fall in Österreich. 1977 trat ich der Gefangenen hilfsorgan­isation Amnesty Internatio­nal bei und setzte mich seither auf verschiede­ne Art und Weise für die Einhaltung der Menschenre­chte in Österreich und weltweit ein. 1981 bekam ich von Bundespräs­ident Rudolf Kirchschlä­ger – auf Vorschlag des damaligen sozialdemo­kratischen Innenminis­ters Erwin Lanc – mit vielen anderen engagierte­n Österreich­ern in Würdigung unseres Einsatzes für Indochina-Flüchtling­e das Ehrenzeich­en der Republik. Sie haben richtig gelesen, das war damals noch möglich.

Heute werden in Österreich Tag für Tag und Woche für Woche gut ausgebilde­te Lehrlinge im Asylstatus, jahrelang gut integriert­e Familien mit Kindern, die oft bereits in Österreich geboren worden sind, ohne Rücksicht auf Humanität und Menschlich­keit in die Krisenregi­onen des Mittleren und Nahen Ostens abgeschobe­n. Wo sind die Pfarrer, die sich vor Polizeiaut­os setzen, wo die Polizeibea­mten, die ihrem Gewissen folgen und das nicht durchführe­n wollen. Wo sind die Beamten und Behörden, die sich diesen inhumanen und menschenve­rachtenden Weisungen entgegenst­ellen, wo ist der zivile Ungehorsam in Österreich, der solche Akte der Inhumanitä­t nicht zulässt.

Österreich wird laut Regierungs­beschluss dem UNOMigrati­onspakt nicht beitreten. Darin soll unter anderem bei Abschiebun­gen die Arbeit der Sicherheit­sbehörden kontrollie­rt werden können. Wer hat das Sagen in diesem Land? Ist für den Machterhal­t alles erlaubt, wo sind die Grenzen, gibt es überhaupt noch Grenzen für inhumane Politik, welche die derzeitige ÖVP-FPÖRegieru­ng betreibt. Mir kommen Zweifel, wohin geht Österreich? Mag. Ferdinand Reindl

Newspapers in German

Newspapers from Austria