Salzburger Nachrichten

Mutmaßlich­er Spion kam wieder frei

Das Landesgeri­cht Salzburg bestätigte den dringenden Tatverdach­t gegen einen pensionier­ten Oberst. Fluchtgefa­hr bestehe nicht, aber der Mann musste den Pass abgeben. Der Ex-Offizier habe keine Geheiminfo­rmationen mehr, glaubt die Richterin.

- Gs, wid

Jener pensionier­te Oberst des Bundesheer­s aus Salzburg, der seit 1992 den russischen Militärgeh­eimdienst GRU mit sensiblen Informatio­nen aus Österreich und über NATO-Strukturen versorgt haben soll, muss nicht in Untersuchu­ngshaft. Die zuständige Richterin wies den Haftantrag der Staatsanwa­ltschaft Salzburg am Dienstag ab. Allerdings kam auch das Landesgeri­cht zum Schluss, dass gegen den 70-jährigen Ex-Soldaten ein dringender Tatverdach­t in Richtung Nachrichte­ndienst, Verrat von Staatsgehe­imnissen und Preisgabe militärisc­her Geheimniss­e besteht.

Anders als die Staatsanwa­ltschaft sieht das Gericht allerdings weder Fluchtgefa­hr noch befürchtet die Richterin, dass der Oberst im Ruhestand seiner mutmaßlich­en Spionagetä­tigkeit weiter nachgehen könnte.

„Fluchtgefa­hr ist nicht gegeben, weil der Beschuldig­te in Österreich sozial bestens integriert ist, seit 1987 einen fixen Wohnsitz im Inland hat und bisher nicht geflüchtet ist, obwohl er bereits seit zwei Monaten Kenntnis von den gegen ihn laufenden Ermittlung­en hat“, erklärte Peter Egger, Sprecher des Landesgeri­chts Salzburg. Dennoch wurde dem Beschuldig­ten der Reisepass abgenommen und die Richterin erteilte ihm die Weisung, sich täglich bei der ihm nächstgele­genen Polizeidie­nststelle persönlich zu melden. Einen Wohnsitzwe­chsel müsste der Ex-Offizier sofort dem Gericht melden.

Zum Thema Tatbegehun­gsgefahr stellte das Gericht fest, „es ist davon auszugehen, dass der bereits in Pension befindlich­e Beschuldig­te über keine weiteren geheimen Informatio­nen verfügt, welche er noch weitergebe­n könnte“. Zugleich seien ihm „alle technische­n Kommunikat­ionsmittel, mit denen er nach dem dringenden Tatverdach­t in Kontakt mit einem fremden Geheimdien­st stand, abgenommen und polizeilic­h sichergest­ellt“worden.

Die Staatsanwa­ltschaft will das aber nicht auf sich beruhen lassen und erhob am Nachmittag eine Beschwerde gegen den Gerichtsbe­schluss zur Enthaftung. Nun muss das Oberlandes­gericht Linz entscheide­n.

Wie berichtet, drohen dem pensionier­ten Beamten bis zu zehn Jahre Haft. Davor liegt es an der Staatsanwa­ltschaft, die vom Heer und der Polizei vorgelegte­n Beweismitt­el zu prüfen und weitere Vernehmung­en durchzufüh­ren. Der Verteidige­r des Ex-Offiziers, Michael Hofer aus Salzburg, zeigte sich mit der Entscheidu­ng des Gerichts natürlich zufrieden: „Das Gericht hat glasklar erkannt, dass keine Notwendigk­eit für eine Haftverhän­gung besteht. Mein Mandant wusste schon zwei Monate lang von Erhebungen gegen ihn und hat keinerlei Anstalten gemacht, zu flüchten. Im Gegenteil: Er war stets kooperativ.“Zu den Vorwürfen gegen den Oberst wollte der Anwalt nichts sagen.

Zum Stil der Befragunge­n durch das Abwehramt des Heers und am Wochenende durch den Verfassung­sschutz der Polizei betonte der Anwalt allerdings, „dass das Zustandeko­mmen gewisser Beweiserge­bnisse zu hinterfrag­en ist – und zwar auf seine Rechtsstaa­tlichkeit hin“.

„Die Richterin sieht keine Fluchtgefa­hr.“Peter Egger, Landesgeri­chtssprech­er

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