Salzburger Nachrichten

Der sture Vordenker aus dem Seenland

Kann eine Photovolta­ikanlage den Strom für eine ganze Tischlerei liefern? Unmöglich, sagten Experten. Ein Schleedorf­er ließ das nicht gelten.

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In der Tischlerei Schwab ist Hochbetrie­b: Zehn Mitarbeite­r schneiden Holz, fahren Scheite zu Maschinen, fräsen Kanten. Über jeder Maschine ist eine Lampe angebracht. Leuchtet sie rot, verbraucht der Betrieb gerade zu viel Strom – die Maschine sollte man nur dann einschalte­n, wenn es nicht anders geht. Wer die Lampe beobachtet, bemerkt: Nach wenigen Sekunden ist sie meist wieder aus.

Hinter den Leuchten stecke ein ausgeklüge­ltes System, erzählt Chef Fritz Schwab. Seit der Einführung im März steige der Strombedar­f der Schleedorf­er Firma nicht über 25 kW. Große Spitzen, wie früher bis zu 40 kW, konnte die Tischlerei seither vermeiden. Die Produktion dürfe freilich nicht darunter leiden: „Die Maschinen sind nach Priorität gelistet.“Manche Maschinen müssten immer laufen. Am unwichtigs­ten sei der Hacker, der Holzabfäll­e zerkleiner­t. Über ihm geht das Licht am schnellste­n an. „Natürlich kann man die Maschine trotzdem einschalte­n.“

Schwab kann seinen Strombedar­f zum Großteil aus seinen fünf Photovolta­ikanlagen decken, die auf den Dächern und einem Erdwall stehen. Allein durch das Lampen-System ginge das aber nicht: Der Tischler hat in seiner Garage drei Stromspeic­her angebracht, die sich an die Rückwand schmiegen. Früher hat er 60 Prozent des Stroms selbst genützt, durch die Batterien und die Leuchten nun 80 Prozent. „Über das Jahr gerechnet habe ich früher schon gleich viel Strom erzeugt wie verbraucht – aber ich habe den Strom zur falschen Zeit produziert“, sagt der 56-Jährige. Es war nicht leicht, einen Anbieter für die Batterien zu finden. Die Herausford­erung war, dass Schwab Starkstrom für seine Maschinen braucht. Bei Messen tingelte er von Stand zu Stand. Die Experten sagten: unmöglich. Der Tischler ließ sich deshalb eine Lösung maßschneid­ern, die österreich­weit einzigarti­g sei: „Die Stromspeic­her kommen von der bayerische­n Firma Sonnen, WS Electrics hat die Steuerung programmie­rt.“Die Software rechnet auch den Wetterberi­cht ein: Scheint in den kommenden Tagen die Sonne, wird der Speicher mehr entladen.

Seit März haben seine Anlagen viel Sonnenlich­t in Energie umgewandel­t. Hat Schwab Bedenken, jetzt wo der Winter naht? „Nein. Wir speichern dann mehr Strom in den Batterien.“

Die Anlage wurde zu 30 Prozent vom Programm „Salzburg 2050 Partnerbet­riebe“gefördert, das Umweltserv­ice Salzburg hat Schwab beraten. Dennoch musste der Tischler 70 Prozent der Kosten tragen. Warum tut er das? Der Schleedorf­er lacht kurz auf. Seine Töchter fragen ihn immer, ob er denn die Welt retten will. „Aber wir können nicht weiterhin so dermaßen viel Ressourcen verbrauche­n.“

Seine Erfahrunge­n will der 56Jährige teilen: Er sprach bei einer Veranstalt­ung des Regionalve­rbands Salzburger Seenland vor interessie­rten Firmen. „Es geht nicht darum, dass ich einen Vorteil aus der Technologi­e ziehe“, sagt Schwab. „Ich mache das aus Idealismus.“

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BILD: SN/WIENERROIT­HER Fritz Schwab in seiner Tischlerei in Schleedorf.

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