Salzburger Nachrichten

Theresa May verteidigt den bestmöglic­hen Deal

Angesichts des Drucks ganz verschiede­ner Interessen ist der Regierungs­chefin eine pragmatisc­he Lösung gelungen.

- Katrin Pribyl AUSSEN@SN.AT

Zu den mantrahaft vorgetrage­nen Slogans von Premiermin­isterin Theresa May gehörte lange, kein Deal sei besser als ein schlechter Deal. Der Applaus der ideologisc­h verblendet­en Brexit-Cheerleade­r war ihr damit gewiss, doch den Realitätst­est bestand das Motto nie. Das zeigt Mays Werben für den Entwurf, der gerade von den Unterhändl­ern aus London und Brüssel ausgehande­lt worden ist. In Westminste­r sorgte er wie erwartet für viel Lärm, keine Seite scheint den Kompromiss zu begrüßen.

Tatsächlic­h ist dies der beste Deal, der unter den politische­n Umständen und innerhalb der selbst gesetzten roten Linien möglich ist. Mit dem Abkommen würde das Königreich aus der Europäisch­en Union austreten, so das Referendum­sergebnis respektier­en und das Verspreche­n halten, künftig die Kontrolle über die eigenen Gesetze, Grenzen und Finanzen zu haben. Zudem ist sichergest­ellt, dass es auch im Notfall zu keiner harten Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland kommt.

Angesichts des engen Korsetts, in dem May sich aufgrund des Drucks von der EU, ihres rebelliere­nden europaskep­tischen Parteiflüg­els und der hiesigen proeuropäi­schen Wirtschaft nur bewegen konnte, hat sie einen bemerkensw­erten Job vollbracht. Wohl dämmert erst jetzt manchen Briten, wie viele Zugeständn­isse der Brexit erfordert – und dass Brüssel eben doch stets die Oberhand in den Verhandlun­gen behalten hat. Ein besserer Deal als die jetzige EUMitglied­schaft existierte nie.

Die Scheidung von der EU war zu keiner Zeit eine gute Idee. Die Vorstellun­g, dass außerhalb der Union plötzlich Milch und Honig durch die britischen Straßen fließen werden, gehört in die Märchenwel­t. Vielmehr werden Jobs verloren gehen, die Zukunftsau­ssichten auf der Insel haben sich längst verdüstert. Auf die Briten, die auf dem Kontinent leben, sowie jene EU-Bürger, die im Königreich wohnen, kommen erhebliche Einschränk­ungen zu. Und all das nur für die Vision einiger Brexit-Hardliner, die von absoluter Souveränit­ät träumen, die es weder in der Vergangenh­eit jemals gab noch in Zukunft geben wird.

Der Brexit-Entwurf muss noch vom britischen Parlament gebilligt werden. Ob die Premiermin­isterin eine Mehrheit hinter sich versammeln kann? Niemand kann eine Prognose wagen, wie dieser letzte Showdown im Unterhaus ausgehen wird. Doch zu wichtig ist die Entscheidu­ng, als dass die Politik weiterhin mit der Zukunft der Menschen parteipoli­tische Spielchen treiben darf.

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