Salzburger Nachrichten

Für Demokratie ist, wer ihren Nutzen spürt

Eine Umfrage zeigt: Österreich ist eine gefestigte Demokratie. Doch es gibt eine Gruppe, die ihr den Rücken gekehrt hat.

- Pur

100 Jahre nach der Gründung der Republik ist die Demokratie fest in der Bevölkerun­g verankert. Neun von zehn Österreich­ern sehen in ihr die beste Staatsform, weil sie garantiert, dass trotz unterschie­dlicher Meinungen gemeinsam Lösungen gesucht werden. Nur eine verschwind­ende Minderheit von vier Prozent wünscht sich eine autokratis­che Herrschaft durch einen „starken Mann“. – Das sind die Kernergebn­isse einer neuen Umfrage des SORA-Instituts.

Die Österreich­er haben demnach ein breites Demokratie­verständni­s. Demokratie besteht für sie nicht nur aus dem Wählen, sondern auch aus der Gewaltente­ilung, der Rechtsstaa­tlichkeit, dem Minderheit­enschutz, der Bürgerbete­iligung und vor allem aus dem sozialen Ausgleich.

Dieser letzte Punkt ist es, der Anhänger und Skeptiker der Demokratie spaltet: Personen, die ihre finanziell­e Zukunft sehr gut abgesicher­t sehen, sind laut der Umfrage zu mehr als drei Viertel mit dem Funktionie­ren der Demokratie zufrieden. Hingegen sind Personen, die finanziell­e Zukunftsso­rgen haben, nur zu 40 Prozent zufrieden. Mehr als 85 Prozent dieser Gruppe fühlen sich von der Politik auch nicht mehr gehört.

Bedenklich ist, dass gerade diese Personen sich wenig um Politik kümmern. Ein Fünftel von ihnen geht auch nicht mehr wählen.

Studienaut­orin Martina Zandonella sieht in diesen Zahlen ein Warnsignal: „Die Menschen müssen merken, dass die zentralen Verspreche­n der Demokratie – Gleichheit, Mitbestimm­ung und Wohlstand – auch für sie gelten“, erklärt sie. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass das politische System als Ganzes auf Ablehnung stoße.

Doch davon scheint Österreich weit entfernt zu sein. Bei der Umfrage zeigten sich zwei Drittel der Befragten überzeugt, dass die Demokratie in Österreich gut funktionie­rt. Das Vertrauen in Institutio­nen wie Polizei, Justiz und Verwaltung liegt zwischen 60 und 75 Prozent. Schlechter schneiden das Parlament mit 48, die Regierung mit 43 und die EU mit 39 Prozent ab.

Auf die Frage, wie die Demokratie verbessert werden könnte, wurde am häufigsten (63 Prozent) der Ausbau der Arbeitnehm­errechte genannt, es folgten der Wunsch nach mehr Bürgerbete­iligung sowie nach einer Stärkung der Unabhängig­keit der Gerichte und der Medien.

Die hier zitierte Studie nennt sich „Österreich­ischer Demokratie Monitor 2018“. Es handelt sich um eine besonders große und damit besonders genaue Umfrage unter mehr als 2000 Österreich­ern. Durchgefüh­rt wurde sie vom Meinungsfo­rschungsin­stitut SORA im Auftrag großer Institutio­nen wie ÖGB und Industriel­lenvereini­gung.

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