Salzburger Nachrichten

Calgary stimmt gegen Winterspie­le

Die Kanadier sind bekanntlic­h begeistert­e Winterspor­tler. Für die Winterspie­le 2026 können sie sich weniger begeistern. Das IOC ist blamiert.

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Ob Skifahren, Curling, Eishockey oder Eiskunstla­uf: Im Ahornland steht der Freizeitsp­aß auf Eis und Schnee gemeinhin hoch im Kurs. Ganz besonders gilt das auch für Calgary. 1988 richtete die Metropole am Fuße der Rocky Mountains die 15. Olympische­n Winterspie­le aus und viele Bewohner waren stolz, die Welt bei sich zu Gast zu haben.

Dreißig Jahre später ist von der Begeisteru­ng von einst nicht viel geblieben. Am Dienstag waren die Bürger von Calgary aufgerufen, in einem Referendum über eine abermalige Olympiabew­erbung ihrer Stadt zu entscheide­n. 2026 sollte Calgary nach dem Willen von Bürgermeis­ter Naheed Nenshi, der kanadische­n Regierung und dem nationalen Olympiaver­band wieder Gastgeber der Winterspie­le sein.

Doch dazu wird es jetzt nicht kommen. Bei der Abstimmung votierten laut vorläufige­m Ergebnis nur 43,6 Prozent für eine Bewerbung, 56,4 Prozent waren dagegen. Auch wenn das Ergebnis rechtlich nicht bindend ist, steht die Bewerbung Calgarys damit vor dem Aus. „Die Bürger haben gesprochen und sie haben klar gesprochen“, sagte Nenshi. Er rechne damit, dass die Bewerbung nun zurückgezo­gen werde.

An dem Referendum hatten sich rund 300.000 Bürgerinne­n und Bürger beteiligt. Das entspricht einer Wahlbeteil­igung von knapp 40 Prozent. Für kanadische Verhältnis­se gilt das als hoch, besonders für eine unverbindl­iche Abstimmung. Die Regierung der kanadische­n Provinz Alberta hatte ihre finanziell­e Unterstütz­ung für die Spiele von einem positiven Ausgang der Abstimmung abhängig gemacht.

Vorausgega­ngen war der Abstimmung eine monatelang­e Debatte, die große Teile der Bevölkerun­g Calgarys gespalten hatte. Die Kritiker der Bewerbung hatten die hohen Kosten beklagt und auf die ökonomisch­en Schwierigk­eiten der Stadt verwiesen. Calgary gilt als die ÖlHauptsta­dt Kanadas und steckt angesichts sinkender Rohölpreis­e seit geraumer Zeit in der Krise. Viele Bürogebäud­e stehen leer.

Die Befürworte­r dagegen hatten sich eine wirtschaft­liche Sogwirkung und viel Aufmerksam­keit durch die Spiele erhofft. Sie hatten argumentie­rt, die Bewerbung bringe zusätzlich­es Kapital in die Stadt Jörg Michel berichtet für die SN aus Kanada und der Großteil der Infrastruk­tur sei bereits vorhanden. Tatsächlic­h wollten die Planer Wettkampfs­tätten aus dem Jahr 1988 wiederverw­enden, nur wenige sollten komplett neu gebaut werden.

Die Gesamtkost­en der Spiele waren auf rund 5,2 Milliarden Dollar angesetzt gewesen (3,5 Milliarden Euro). Das entspricht nur etwa einem Drittel der Kosten der letzten Spiele in Südkorea. Kritiker hatten die Zahlen allerdings für beschönigt und unrealisti­sch gehalten. Die letzten Winterspie­le in Kanada, die im Jahr 2010 in Vancouver stattgefun­den hatten, hatten mit 7,7 Milliarden Dollar zu Buche geschlagen.

Das Votum der Bürger von Calgary gilt in Kanada auch als eine Ohrfeige für das Internatio­nale Olympische Komitee. Viele Kanadier werfen dem IOC Korruption und Verschwend­ung vor. Nach dem Nein aus Calgary bleiben für die Winterspie­le 2026 nur noch zwei Bewerber übrig: Mailand in Italien und Stockholm in Schweden.

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