Telefonieren ins Ausland wird billiger
Roaminggebühren für Telefonate mit dem eigenen Handy aus dem EU-Ausland hat die EU schon im Vorjahr abgeschafft. Für Telefonate aus Österreich ins Ausland werden weiter bis zu 99 Cent pro Minute verlangt. Damit soll Schluss sein.
STRASSBURG. Für viele Telefonkunden war es bis zuletzt oft eine unliebsame Erkenntnis beim Lesen der Telefonrechnung: Während Telefonieren aus dem EU-Ausland mit dem eigenen Handy etwa im Urlaub nach Österreich seit dem Sommer des Vorjahres nicht mehr kosten darf als das Telefonieren in Österreich selbst, zahlt man für Anrufe aus Österreich ins Ausland – auch innerhalb der EU – teils deutlich mehr. Das soll sich ändern.
Ab Mai nächsten Jahres wird es in der EU billiger, in einem anderen Land anzurufen. Das EU-Parlament hat am Mittwoch eine entsprechende Regelung beschlossen. Pro Minute dürfen die Telefonbetreiber ab dann für ein Telefonat ins EU-Ausland maximal 19 Cent (exklusive Mehrwertsteuer) verlangen, pro SMS höchstens 6 Cent. Anrufe in die Schweiz oder USA bleiben teuer.
Heute variieren die Kosten für EU-Auslandstelefonate zwischen 5 und 99 Cent pro Minute. In Österreich kostet ein Mobiltelefonat ins EU-Ausland im Durchschnitt 50 Cent, ein SMS 20 Cent. Nur ein Drittel bis die Hälfte der Gespräche ins europäische Ausland ist durch Flatrates oder Datenpakete abgedeckt.
„Wir sind dem Binnenmarkt wieder einen Schritt näher, aber noch nicht dort“, sagte Paul Rübig, ÖVPAbgeordneter und Vorkämpfer gegen Roaminggebühren. Er hat das Thema in ein Gesetzespaket zur elektronischen Kommunikation hineinreklamiert – und will auch weiterkämpfen, bis es keinen Unterschied mehr macht, wohin jemand in der EU telefoniert. Es sei „völlig widersinnig“, dass ein Telefonat in ein anderes EU-Land mehr koste als von dort nach Österreich. „Genauso inakzeptabel ist, dass ein Telefonat von Salzburg nach Freilassing mehr kostet als von Bregenz nach Wien. Diese Relikte aus der Vergangenheit müssen weg“, sagte Rübig am Mittwoch in Straßburg.
Dazu müsste es echten Wettbewerb in der EU geben, indem die Verbraucher ihre SIM-Karten genauso in Spanien oder Estland kaufen können, sollten diese bessere Konditionen bieten. Basis dafür sei aber die Harmonisierung der Rechtsrahmen. „Von einem wahren digitalen Binnenmarkt sind wir also leider noch meilenweit entfernt“, betonte Rübig. Wobei das Ziel letztlich ein globaler digitaler Markt sein müsste, in dem etwa in bilateralen Handelsabkommen auch die Roamingtarife enthalten wären. Es sollte auch auf Ebene der Welthandelsorganisation (WTO) und der Internationalen Telekommunikationsunion (ITU) thematisiert werden, fordert der EU-Mandatar.
Die stufenweise Abschaffung der Zuschläge für Mobilfunktelefonie im Ausland im Lauf der vergangenen zehn Jahre gilt als eine der Erfolgsgeschichten im Binnenmarkt. Rübig hat errechnet, dass sich die europäischen Konsumenten allein zwischen 2009 und 2013 dadurch 9,6 Mrd. Euro erspart haben.
Weniger positiv sehen das naturgemäß die Mobilfunkanbieter. „Natürlich kann die Politik per Verordnung die Preise in einer Branche drastisch kürzen, gleichzeitig aber will man von den Telekombetreibern Milliardeninvestitionen für den Netzausbau. Das kann sich nicht ausgehen“, sagt T-MobileSprecher Helmut Spudich. „Die Erträge, die uns hier wegfallen, fehlen uns bei den Investitionen“, betont auch A1-Sprecherin Livia DandreaBöhm. Wie viel man verlieren könnte, will oder kann man nicht beziffern. Laut einem Brancheninsider könnte es ein „niedriger zweistelliger Millionenbetrag“für jeden der großen Betreiber sein. Freilich betonen A1 wie T-Mobile, dass in den meisten Mobiltarifen eine gewisse Anzahl an Freiminuten ins EU-Ausland ohnehin schon enthalten sei. Bei Wertkartentarifen ohne Vertrag, aber auch Telefonaten vom Festnetz ins EU-Ausland ist das anders.
Eine klassische „versteckte Verbraucherfalle“nennt das Daniela Zimmer, Konsumentenschützerin der Arbeiterkammer. „Viele Kunden können zwischen Roaming und Auslandstelefonie nicht unterscheiden.“Dass sie für Anrufe aus dem Ausland mit dem eigenen Handy keinen Aufschlag zahlten, beim Anruf von zu Hause ins Ausland aber oft bis zu einen Euro, sei für viele unverständlich. So gesehen sei eine Verbilligung positiv. „Als Konsumentenschützer warten wir aber ab, wie das Gesamtpaket ausschaut“, betont Zimmer. Sinkende Kosten in einem Bereich könnten zu Preiserhöhungen anderswo führen, das habe das Roaming-Aus gezeigt, das zunächst steigende Tarife oder neue Kosten wie Servicepauschalen ausgelöst habe. Erst der Markteintritt branchenfremder Mobilfunkmarken wie etwa HoT des Diskonters Hofer, die kein eigenes Netz haben, sondern sich in die Netze der Mobilfunkbetreiber einmieten, heizte den Preiskampf wieder an.
Bei HoT, mit heute über 800.000 Kunden, liegt der Preis für Telefonate ins EU-Ausland schon derzeit bei 19 Cent. Weil das ein „angemessener Preis“sei, wenn man einkalkuliere, was ausländische Netzbetreiber heimischen Anbietern dafür verrechneten, sagt HoT-Chef Michael Krammer. 99 Cent pro Minute seien Wucher. Telefonate ins Ausland verlören aber ohnehin an Bedeutung, da viele, vor allem jüngere Kunden alternative Dienste nutzten, die nicht über das Mobilfunknetz, sondern das Internet funktionierten, wie WhatsApp, Skype oder FaceTime. EU-Abgeordneter Rübig erwartet, dass viele davon ins Mobilfunknetz zurückkehren, sollten keine Zusatzkosten mehr anfallen.
„Relikte aus Vergangenheit müssen weg.“Paul Rübig, EU-Abgeordneter