Mehr E-Autos bedeuten keinen Abschied vom Öl
Obwohl der Anteil der erneuerbaren Energien steigt, ist es noch zu früh, das Ende des Ölzeitalters auszurufen, sagt der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA), Fatih Birol. Der Ölverbrauch wird in den nächsten Jahrzehnten weiter steigen und die weltweiten CO2Emissionen erreichen heuer ein neues Rekordhoch. „Es wird immer schwieriger, Licht am Ende des Tunnels zu erkennen“, sagt Birol.
„Wir sehen die Ölnachfrage kontinuierlich weiter wachsen“, so Birol bei der Präsentation des diesjährigen „World Energy Outlook“der IEA in Wien. „In vielen Ländern gibt es die irrige Annahme, dass die Zunahme der Elektroautos das Ende von Öl bedeutet. Das ist völlig falsch, weil die Zunahme der Ölnachfrage nicht von Pkw stammt, sondern von Lastautos, Schiffen, Flugzeugen und vor allem von der petrochemischen Industrie.“
Was die Erreichung der Pariser Klimaziele angeht, sieht der Energieexperte schwarz. „Ja, der Anteil der Erneuerbaren steigt jedes Jahr, aber das tun auch die CO2- Emissionen. Nur mit Wind- und Sonnenenergie kann man die Zunahme der Emissionen nicht stoppen.“Die IEA hat für ihren aktuellen Bericht berechnet, wie viel CO2 alle bestehenden Kraftwerke, Fabriken, Gebäude und Fahrzeuge in den nächsten 25 Jahren ausstoßen werden. „Das Ergebnis ist sehr, sehr alarmierend. Die CO2-Emissionen werden in den nächsten 25 Jahren genau so hoch sein, wie es nach den Pariser Klimazielen zulässig ist. Das bedeutet, wir dürfen nichts Neues bauen. Das ist natürlich nicht realistisch.“
Daher sei auch die Verbesserung der bestehenden Infrastruktur notwendig. „Die größten CO2- Emittenten sind heute die Kohlekraftwerke in Asien.“Diese sollte man mit neuester Technik aufrüsten oder Anreize schaffen, um sie vorzeitig stillzulegen. Allerdings werde ein Unternehmen, das Geld in so ein Kraftwerk investiert habe, es nicht vom Netz nehmen, bevor das Geld zurückverdient sei, nur weil das in Brüssel, Paris oder Wien gewünscht werde. Viel Spielraum für Effizienzsteigerungen gebe es in der Industrie. Auch Atomenergie könne ein Teil der Lösung sein, sagte Birol. So gebe es entgegengesetzte Trends: In den USA und Europa würden keine neuen Atomkraftwerke gebaut, in China, Russland und Indien eines nach dem anderen.