Gusenbauers Aufstieg, Fall und Aufstieg
Wie aus einem erfolglosen Bundeskanzler ein erfolgreicher Geschäftsmann wurde.
WIEN. Es war ein erfolgreiches Jahr für den international tätigen Unternehmer, der eine kleine feine Firma lenkt. Wie der „Kurier“berichtete, wies die GmbH Ende 2017 einen kumulierten Reingewinn von 9,758 Millionen aus. 2017 war mit einem Gewinn von 2,323 Millionen das bisher erfolgreichste Jahr.
Der Name des erfolgreichen Unternehmers: Alfred Gusenbauer. Seine Firma hat er 2008 gegründet. Also in dem Jahr, in dem er nach knapp zwei Jahren den Kanzlersessel räumen musste. Bei seinem Abgang aus der Politik war Gusenbauer der am kürzesten dienende Bundeskanzler, und das sollte er bleiben, bis ihm Christian Kern diesen zweifelhaften Rekord abspenstig machte. Gusenbauer war nicht beliebt, seine Partei verlor manche Landtagswahl, er ließ die Menschen seine überlegene Intelligenz spüren, er liebte und liebt teuren Rotwein und er bezeichnete Wortmeldungen bei Parteiveranstaltungen als „das übliche Gesudere“. Das ist nicht der Stoff, aus dem populäre Politiker geformt werden, und im Nachhinein muss man sich wundern, dass er überhaupt ins Kanzleramt gelangte. Wie konnte das geschehen?
Die Geschichte Alfred Gusenbauers als Spitzenpolitiker beginnt in jenen Winterwochen im Jahr 2000, in denen auch die Geschichte der ersten schwarz-blauen Regierung beginnt. Der trickreiche ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel hatte Viktor Klima als Bundeskanzler ausgebremst, dieser legte verhärmt den SPÖ-Vorsitz zurück. Die SPÖ konnte sich nicht zwischen Caspar Einem (linker Flügel) und Karl Schlögl (rechter Flügel) als neuem Parteichef entscheiden. Also sprang Alfred Gusenbauer, bisher eher unbekannter Mandatar aus Niederösterreich und erst kurz zuvor zum SPÖ-Bundesgeschäftsführer aufgestiegen, als Nothelfer für den Parteivorsitz ein. Niemand, er selbst vielleicht ausgenommen, glaubte, dass dieser Mann je den Kanzlersessel erobern könnte.
2006 war es dennoch so weit – nicht, weil die SPÖ bei der Nationalratswahl so toll zugelegt hätte, im Gegenteil, sie verlor sogar ein wenig. Sondern weil die ÖVP Bundeskanzler Wolfgang Schüssels noch weit mehr verlor und die SPÖ mit Gusenbauer somit stärkste Partei war. Gusenbauer bildete eine Regierung mit der ÖVP, die unter keinem guten Stern stand. Die ÖVP, die ihre Niederlage für einen Irrtum der Wähler hielt, gönnte dem neuen Kanzler keinen Erfolg. Der Kanzler stritt mit der Gewerkschaft, seine Partei entzog ihm den Parteivorsitz. Die ÖVP ließ die Koalition platzen – in der Hoffnung, die darauf folgende Nationalratswahl zu gewinnen. Das war nicht der Fall. Es folgten acht Jahre Bundeskanzler Werner Faymann.
Gusenbauer wurde als Kanzler unter seinem Wert geschlagen. Als Geschäftsmann passiert ihm das nicht.