Salzburger Nachrichten

Kürzung der Familienbe­ihilfe

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Rund 60.000 24-StundenBet­reuerinnen aus den EULändern Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien arbeiten derzeit in Österreich. Viele haben selbst noch Kinder zu betreuen, nicht wenige sind Alleinerzi­eherinnen. Sie bezahlen andere Frauen, die sich um ihre Kinder daheim kümmern, während sie selbst Pflegebedü­rftige in Österreich versorgen. Nun hat die Regierung Personen, die hierzuland­e arbeiten, deren Kinder aber im EU-Ausland leben, die Familienbe­ihilfe unter dem Titel „Indexierun­g“empfindlic­h gekürzt. Dass diese Maßnahme vor allem jene Frauen trifft, ohne deren Einsatz die heimische Pflege zusammenbr­echen würde, wird dabei in Kauf genommen. Denn schon wenn fünf Prozent von ihnen, das sind rund 3000 Frauen, unter diesen Bedingunge­n hier nicht mehr arbeiten wollen, droht eine veritable Pflegelück­e, auf Kosten pflegebedü­rftiger Österreich­er und deren Angehörige­r.

Wenn Herr Hinterberg­er in seinem Leserbrief (SN vom 29. 10.) betont, um wie viel schlechter etwa eine Verkäuferi­n entlohnt wird, so frage ich mich, warum sich dann keine bzw. zu wenige inländisch­e Pflegerinn­en für die 24-Stunden-Betreuung finden. Die Antwort ist einfach, dass für diese schwere Arbeit und für diesen Lohn nur wenige Österreich­erinnen bereit sind, diesen Beruf zu ergreifen. Da wäre die Politik gefordert: Bessere Entlohnung (nicht zulasten der ohnehin geprüften Angehörige­n), bessere Ausbildung, höhere gesellscha­ftliche Akzeptanz. Denn wenn die Regierung ständig sogenannte „Leistungst­räger“hofiert, hier handelt es sich tatsächlic­h um solche.

Es ist evident, dass diese Kürzungen nicht europarech­tskonform sind und vermutlich aufgehoben werden müssen. Für die Regierung wichtiger ist offenbar der Beifall an den Stammtisch­en, Hauptsache, es geht irgendwie gegen „Ausländer“. Besonders widerlich benimmt sich wieder einmal die FPÖ. Sie triumphier­t mit „Regierung kürzt Gelder für Kinder im Ausland“und illustrier­t dies mit Fotos von Frauen mit Kopftuch, einmal mit heller, dann wieder mit schwarzer Hautfarbe. Dass Angehörige von Drittstaat­en keine Familienbe­ihilfe beziehen, wird bewusst ausgeblend­et.

Das Niveau für rechtsextr­eme Hasspropag­anda kann nicht tief genug sein. Erhard Sandner

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