Salzburger Nachrichten

UNO-Staaten ringen um den Klimaschut­z

In Kopenhagen beginnt eine mit großer Hoffnung erwartete Konferenz.

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Ende Juni 2009 versanken weite Teile Österreich­s im Wasser. Extreme Regenmenge­n ließen Flüsse über die Ufer treten. Hänge gerieten ins Rutschen, Muren gingen ab. Manche Gebiete wurden zwei- oder sogar drei Mal überflutet. Niederöste­rreich war massiv betroffen, die Ortschaft Ybbsitz war von der Außenwelt abgeschnit­ten. Aber auch in der Steiermark und im Burgenland gab es Katastroph­enalarm. Mehrere Tote waren zu beklagen, der Schaden betrug mehr als 100 Millionen Euro.

Damals sprach man noch von Wetterkapr­iolen. Mehr als zwei Wochen lang wechselten schwüle, feuchte Phasen mit Regengüsse­n. Die Luftmassen hatten sich festgesetz­t. Kein Wind vertrieb sie. Im Juni 2009 blieb das Wetter einfach stehen. Das tut es mittlerwei­le öfter. Hitzeperio­den und Föhnlagen halten Tage um Tage, Wochen um Wochen. Der Sommer 2018 brachte kein Hochwasser, aber Dürre.

Ursache ist die Erwärmung der Atmosphäre. Die extrem steigenden Temperatur­en über der Arktis bremsen den Höhenwind und den Zug von Hoch- und Tiefdruckg­ebiete. Immer wieder kommt alles zum Stehen.

Im Dezember 2009, wenige Monate nach dem großen Hochwasser, versammelt­en sich mehr als 100 Staats- und Regierungs­chefs in Kopenhagen. Bei einer mit großen Erwartunge­n einberufen­en UNO-Klimaschut­zkonferenz sollten endlich Wege gefunden werden, um die Treibhausg­asemission­en zu begrenzen – und die Erderwärmu­ng zu stoppen. Der Anfang des Jahres vereidigte neue amerikanis­che Präsident Barack Obama galt als Hoffnungst­räger.

„Systemwand­el statt Klimawande­l“, so überschrie­ben die SN ihren Leitartike­l zu Beginn der vierzehntä­gigen Konferenz. Weg von Öl, Gas und Kohle. Hin zu einer sauberen Zivilisati­on. Pragmatisc­h gesehen sollte Kopenhagen wenigstens ein Ziel erreichen: Die internatio­nale Gemeinscha­ft müsste sich auf eine Vereinbaru­ng einigen, die im Jahr darauf in einen politische­n Pakt münden könnte. Die Wissenscha­ft gab den Rahmen vor: Um unbeherrsc­hbare Risiken möglichst klein zu halten, darf die Durchschni­ttstempera­tur unseres Planeten im Vergleich zum vorindustr­iellen Zeitalter um nicht mehr als zwei Grad Celsius steigen.

Die Konferenz in Kopenhagen brachte Versprechu­ngen, Beteuerung­en, Mahnungen – aber keine Einigung. Zu weit lagen die Positionen auseinande­r. Sechs Jahr später, der US-Präsident hieß immer noch Barack Obama, gelang bei der UNO-Konferenz in Paris der Durchbruch. Der Klimapakt verpflicht­et die Nationen zur Einhaltung des Zwei-GradZiels. 1,5 Grad, so der Text, wären ideal. Erst jetzt, im Dezember 2018, soll im polnischen Kattowitz der Weg zum Ziel beschlosse­n werden.

Seit 2009 ist der Systemwand­el zwar in Gang gekommen. Doch er verläuft langsam. Die Emissionen steigen weiter. Im Oktober verlangte ein Sonderberi­cht des Weltklimar­ats, zusammenge­tragen von 91 internatio­nalen Forschern, „schnelle, weitreiche­nde und beispiello­se Änderungen in allen gesellscha­ftlichen Bereichen“. 74 Prozent der unter 29-jährigen Österreich­er und Österreich­erinnen fürchten sich laut einer aktuellen Umfrage vor dem Klimawande­l.

Der Temperatur­anstieg liegt bei einem Grad Celsius. In den Alpen sind es zwei.

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