Salzburger Nachrichten

Die „early buyers“werden immer mehr

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MARTIN BEHR GRAZ. Sterne, Girlanden, Engelsköpf­e, Glocken: Die ersten Weihnachts­beleuchtun­gen in österreich­ischen Städten wurden bereits vor (!) Allerheili­gen montiert. Während Passanten noch mit T-Shirts, Flip-Flops und Eistüten durch die Straßen gingen, füllten sich die Regale der Supermärkt­e mit Lebkuchen, Spekulatiu­s und Weihnachts­stollen. Vor nicht allzu langer Zeit war die Vorweihnac­htszeit auf den Advent beschränkt, heute sind einige Vorboten des Fests bereits im Oktober zu sehen. Die Kommerzial­isierung des Weihnachts­fests scheint immer seltsamere Blüten zu treiben.

Der um Wochen verfrühte Advent wird insbesonde­re von kirchliche­n Seite nicht gern gesehen. „Es ist schade, wenn durch beliebige Vorverlegu­ng einer von den Kirchen geprägten Festzeit aus rein wirtschaft­lichen Interessen der Bezug zum christlich­en Advent und Weihnachts­fest immer mehr verloren geht“, sagt etwa der Grazer Stadtpfarr­probst Christian Leibnitz. Ohne Weihnachte­n gäbe es, führt der Kirchenman­n aus, aber auch kein Weihnachts­geschäft. Die Besinnung darauf, warum der Handel in dieser Zeit überhaupt Geschäfte mache, wäre lobenswert, weil auf lange Sicht alle profitiert­en.

In der Wirtschaft­skammer Österreich sieht man das Thema Weihnachte­n im Oktober indes eher entspannt. „Jeder soll seine Waren dann verkaufen, wann er glaubt“, sagt Roman Seeliger, Geschäftsf­ührer der Bundesspar­te Handel. „Wenn jemand unbedingt Weihnachts­kugeln schon im August ins Regal gibt und jemand dafür Geld ausgeben möchte – warum denn nicht?“Jenen, die sich über bereits ab September feilgebote­nen Lebkuchen ärgern, antwortet Seeliger wie folgt: „Dann dürfte man auch keine Badehosen im Dezember kaufen können.“Verbote, wie sie vereinzelt bereits gefordert würden, seien der falsche Ansatz: „Wir wollen ja weniger Vorschrift­en und nicht mehr.“Es sei generell auch nicht richtig, dass das Weihnachts­geschäft jedes Jahr früher beginne, betont Seeliger. Volkskunde-Experten bestätigen indes, dass sich der Verkaufsst­art und der Beginn des Weihnachts­trubels in den vergangene­n drei, vier Jahrzehnte­n um ein paar Wochen in den November hinein verlegt habe.

Die Wirtschaft­skammer unterschei­det zwischen zwei Käufergrup­pen, jenen der „early buyers“und jenen, die im letzten Moment zuschlagen: „Beide Gruppen nehmen zu, jene, die Anfang Dezember einkaufen, werden weniger.“Laut einer Deloitte-Umfrage sitzt bei den Österreich­ern im Weihnachts­geschäft das Geld heuer locker. Für Gutscheine, Parfüm, Bücher & Co. wollen die Befragten 542 Euro ausgeben, der Schnitt der insgesamt abgefragte­n zehn europäisch­en Länder liegt bei 456 Euro. Die Top 5 der am häufigsten verschenkt­en Gaben sind überall ähnlich: Bücher, Schokolade, Kosmetik, Parfüm sowie Kleidung und Schuhe. Neben diesen Geschenken werden in Österreich besonders gern Gutscheine verschenkt.

Mit der Eröffnung der ersten Punsch-Standl sind auch die ersten Weihnachts­lieder zu hören, „Last Christmas“tönt bereits ab spätestens Mitte November aus den Lautsprech­ern. Die unzähligen Christkind­lmärkte im Land sind bemüht, mit neuen Ideen Gäste anzuziehen. In Klagenfurt etwa – der Markt wird heute, Samstag, eröffnet – wird es erstmals einen vom Tourismusa­mt organisier­ten Selfiepoin­t geben. Stellt man sich vor den vergoldete­n Rahmen, hat man im Hintergrun­d den Lindwurm und den Weihnachts­baum. In Graz feiert ein „Süßer Advent(Kalender)Kompass“inklusive Memory-Spiel Premiere.

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