Das heiß begehrte
Das Weihnachtsgeschäft läuft gerade erst an, ein Gewinner aber steht schon fest: der Onlinehandel. Bequem von der Couch aus bestellen und sich Bücher, Schuhe und Smartphone bis an die Haustür liefern lassen – der Internethandel boomt, gerade vor Weihnachten. Das lässt die Flut an Paketen steigen. 209 Millionen Pakete wurden im Vorjahr in Österreich versandt, ein Plus von 15 Prozent. Heuer dürften es mehr als 230 Millionen werden, erwartet Marktforscher Andreas Kreutzer, der im „Branchenradar“die Daten Jahr für Jahr analysiert. Das klassische Weihnachtspackerl, das die Oma dem Enkerl schickt, ist dabei längst Auslaufmodell. Gerade zehn Mill. Pakete werden privat verschickt. Das Wachstum kommt vom Onlinehandel – und von einer steigenden Zahl an Retouren, sagt Kreutzer.
Allerdings, der Bequemlichkeit beim Kauf von zu Hause aus sind Grenzen gesetzt, so eine Studie des Handelsforschungsinstituts ECC in Köln. 60 Prozent der Paketempfänger sind, über den Wochenschnitt gesehen, genau zu jener Zeit nicht zu Hause, in der Pakete üblicherweise geliefert werden – zwischen 8 und 15 Uhr, so ECC-Sprecherin Melanie Günther. Acht von zehn Konsumenten wollen ihr Paket zu Hause erhalten, ihren Alltag aber nicht nach dem Paketboten ausrichten.
Die Erstzustellungsquote liege nach wie vor bei 93 Prozent, betont man beim heimischen Marktführer Post. 47 Prozent der Paketsendungen bringt in Österreich der Postler, im Privatkundenbereich sind es sogar 58 Prozent, bei Retouren mehr als 90. Grund für die hohe Erreichbarkeit ist freilich, dass man von 530.000 Kunden eine Abstellgenehmigung hat, damit erlaubt man der Post, ein Paket bei der Nachbarin, vor der Haustür oder in der Garage abzustellen. Das Risiko trägt der Kunde selbst. Immer beliebter werden Zustellboxen, allein von 2017 auf 2018 hat sich deren Zahl von 18.000 auf 32.000 erhöht – vor allem in Mehrparteienhäusern, in denen sie die Post finanziert. Mittels des Codes auf dem gelben Zettel kann nur der Empfänger des Pakets dieses aus der verschlossenen Box holen. Nicht wirklich durchgesetzt habe sich dagegen das Pendant für Einfamilienhäuser, Flexibox, das man mit einem schnittfesten Gurt bei Bedarf vor der Haustür befestigen kann. Zu offenkundig sei dadurch gewesen, dass man ein Paket bekommen habe, heißt es bei der Post. Auch den Versuch, in den Kofferraum der Autos der Kunden zu liefern, hat man eingestellt.
Getestet wird dagegen seit Oktober, die Paketzustellung mit dem Einkauf zu verknüpfen. An derzeit 20 Hofer-Standorten verteilt über Österreich wurden Abhol- und Selbstservice-Stationen der Post errichtet, wo ähnlich wie in den 300 SB-Zonen in Postfilialen rund um die Uhr mittels Code Pakete abgeholt und auch welche aufgegeben werden können. Werde das Modell angenommen, soll das Projekt schon im kommenden Jahr mit dem Diskonter österreichweit ausgerollt werden, so Post-Chef Georg Pölzl.
Für Verbesserungen in den boomenden Paketmarkt will die Post viel Geld in die Hand nehmen. Eine halbe Milliarde Euro werde bis 2021 investiert, ein großer Teil soll in den Bau und die Erweiterungen von Logistikstandorten sowie in Selbstbedienungs-Kundenlösungen fließen. Der Kunde soll dabei über die Post-App zunehmend selbst bestimmen, wohin sein Paket geliefert wird. Und von wem: Unter dem Namen „Alles Post“gibt es ab 2019 die Möglichkeit, das Paket immer von der Post zugestellt zu bekommen, egal, mit welchem Paketdienst der Versender die Bestellung verschickt hat. Der beauftragte Paketdienst liefert dann zunächst an die Post.
Der Konkurrenzkampf wurde zuletzt deutlich härter. Nicht nur Riesen wie DHL der deutschen Post und UPS drängen auf den Markt, auch Speditionen (DPD) und alternative Anbieter, die etwa per Fahrrad zustellen, kämpfen um Marktanteile. Im Oktober ist zudem der US-Onlinegigant Amazon in das Zuliefergeschäft eingestiegen, er beherrscht in Österreich die Hälfte des gesamten Onlinehandels. Vorerst liefert man mit Partnern, die unter dem Amazon-Logo fahren, Pakete in Wien aus. „Wir sind in einem kleineren Rahmen gestartet und fahren unseren Betrieb langsam hoch“, sagt eine Amazon-Sprecherin. Ob und wann das Projekt österreichweit verwirklicht werde, könne man noch nicht sagen.
Entschieden werde der harte Kampf um das Paketgeschäft zunehmend nicht nur über den Preis, sondern über die Qualität der Zustellung, sagt Marktforscher Kreutzer. Die Branche zahle schlecht und bekomme kaum Personal, das Deutsch spricht, sich vor Ort auskennt und verlässlich ist. „Die Art der Lieferung entscheidet aber über künftige Einkäufe bei dem Händler, bei dem man bestellt hat.“
„Lieferung entscheidet über Käufe.“