Das Regieren in Wien wird holpriger
Birgit Hebein folgt Maria Vassilakou: Hält die rot-grüne Stadtregierung noch bis 2020? Und welche Rolle spielt die neue grüne Spitze dabei?
„Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein sehr treuer Mensch bin, im Privaten wie auch in der Politik.“Das ist die Standard-Antwort von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, wenn er nach dem Fortbestand der rot-grünen Stadtkoalition gefragt wird. Das bekräftigte er auch, nachdem publik geworden war, dass die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou spätestens im Sommer 2019 all ihre Regierungsämter zurücklegt: Rot-Grün werde durcharbeiten bis zur nächsten Wahl, sagte er.
Was Ludwig nicht dazusagt: Ob es vorgezogene Neuwahlen in Wien geben wird, hängt maßgeblich von den Positionen der neuen grünen Spitze ab. Montag kurz vor Mitternacht gaben die Grünen ihre Entscheidung bekannt: Gemeinderätin Birgit Hebein wird Nachfolgerin Vassilakous. Die 51-Jährige wird nicht nur Spitzenkandidatin für die Wien-Wahl 2020, sondern wohl auch neue Vizebürgermeisterin.
Diskussionen mit der SPÖ sind programmiert – etwa bei der Mindestsicherung, bei der Ludwig einen neuen Vorstoß für eine Wartefrist für neu Zugezogene machen will (scheiterte bisher an Teilen der Grünen). Oder in der Ausländerfrage, wo Ludwig Signale aussendet, dass er sich mehr um die alteingesessenen Wiener kümmern will. Oder auch bei Verkehrsthemen.
Fest steht, dass Wiens SPÖ unter Ludwig von links in Richtung Mitte gerückt ist – was an sich schon zu mehr Konfliktpotenzial mit den Grünen führt. Auf der anderen Seite dürfte Ludwigs Begeisterung für vorzeitige Neuwahlen enden wollend sein. Vor allem, seit der neue Wiener Neos-Chef gemeint hat, er könne sich vorstellen, einen unabhängigen Bürgermeister gegen die SPÖ zu unterstützen. In der Wiener SPÖ ist diese Botschaft angekommen. Das Risiko, dass man nicht mehr an den Schalthebeln der Macht sitzt, will man nicht eingehen: Rot-Grün hat laut Umfragen derzeit ebenso wenig eine Mehrheit wie Schwarz-Blau. Die Neos wären im Moment tatsächlich das Zünglein an der Waage.
Also Durchhalten bis 2020? Da werden die Karten neu gemischt, es gilt als wahrscheinlich, dass sich Ludwig einen neuen Koalitionspartner sucht. Die ÖVP? Gut möglich. Oder gar die FPÖ, zu der er ein entspannteres Verhältnis als sein Vorgänger hat? Das gilt zumindest nicht als gänzlich unmöglich.