Russland kontrolliert das Nadelöhr
Die neue Krim-Brücke behindert die Schifffahrt zu wichtigen ukrainischen Häfen.
19 Kilometer lang ist die KrimBrücke, die Wladimir Putin über die Meerenge von Kertsch spannen hat lassen. Und seit dieses Bauwerk im heurigen Frühjahr eröffnet wurde, klagt die Hafenleitung der ukrainischen Stadt Mariupol unter massiven Einbußen. Mariupol mit seinen 445.000 Einwohnern ist eine der wichtigsten Industriestädte der Ukraine und einer der bedeutendsten Tiefseehäfen. Seit aber die Brücke die Straße von Kertsch in ein Nadelöhr verwandelt hat, durch das nur noch kleine Frachter schlüpfen können, ist der Handelsumfang in den Städten an der südostukrainischen Küste deutlich eingebrochen. Nur noch Schiffe, die niedriger als 33 Meter sind, können passieren.
Die Meerenge zwischen der Krim und Russland ist die einzige Verbindung zwischen dem Schwarzen Meer und dem nördlich gelegenen Asowschen Meer. Es handelt sich um eine wichtige Passage für Schiffe mit ukrainischen Metallindustrie-Exporten. Kiew und westliche Staaten werfen Moskau vor, den Schiffsverkehr durch die Straße von Kertsch absichtlich zu behindern. So stoppt die russische Küstenwache seit diesem Jahr Frachter und hält sie über Stunden und Tage fest – offiziellen Angaben zufolge für Kontrollen.
Auch militärisch nahmen die Spannungen zu. So verlegte die russische Marine im Mai fünf Kriegsschiffe vom Kaspischen Meer in das Asowsche Meer. Kiew befürchtet, dass Moskau eine Offensive auf Mariupol vorbereiten könnte.
Russland und die Ukraine haben das Asowsche Meer 2003 in einem Vertrag zu einem gemeinsam genutzten Territorialgewässer erklärt. Handels- wie Kriegsschiffe beider Länder dürfen dem Vertrag zufolge das Asowsche Meer wie auch die Meerenge frei benutzen. Handelsschiffe anderer Staaten können ukrainische und russische Häfen anlaufen.
Schwierig ist die Lage, seit Russland 2014 die Krim annektiert hat. Früher gab es mehrere Lotsendienste, jetzt nur noch einen russischen Dienst im Hafen von Kertsch auf der Krim. Auch kleinere Schiffe dürfen jetzt nur mit russischen Lotsen passieren.