Salzburger Nachrichten

Der Innenminis­ter, der zu wenig wusste

Herbert Kickl stellt durch seinen Auftritt im U-Ausschuss zur Geheimdien­staffäre sein eigenes Amt infrage.

- Marian Smetana MARIAN.SMETANA@SN.AT

Wenn sich Verdächtig­e im Zuge ihrer Aussagen bei entscheide­nden Fragen nicht erinnern können, dann schrillen bei jedem eingefleis­chten Krimifan die Alarmglock­en. Das trifft nicht nur auf den Sonntagskr­imi zu, sondern auch auf den parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss zur Affäre rund um den heimischen Staatsschu­tz. In dem konnte sich ein Innenminis­ter namens Herbert Kickl (FPÖ) just in heiklen Punkten entweder nicht erinnern oder er gab die Verantwort­ung an seinen Generalsek­retär weiter – der allerdings auch seine Erinnerung­slücken hat. Beide vor allem dann, wenn es darum ging, bei falschen Angaben ertappt worden zu sein.

Was hätte der blaue Opposition­spolitiker Herbert Kickl wohl einem Minister gesagt, der vor einem UAusschuss zu einer Staatsaffä­re folgende Hilflosigk­eit zu Protokoll gab: „Ich habe ja keine Möglichkei­t, bei meinen Sektionsch­efs permanent hinterherz­urennen und permanent nachzufrag­en, ob das, was jemand tut, auch von mir zu verantwort­en ist.“Kickl hätte ihn scharf attackiert. Zu Recht.

Denn es stellt sich die Frage, wozu ein Ressortver­antwortlic­her notwendig ist, wenn der Generalsek­retär im Ministeriu­m in heiklen Staatsschu­tzangelege­nheiten ohnedies frei schalten und walten darf. Erinnerung­slücken und die Abgabe von Verantwort­ung an Beamte sind nicht strafbar, aber politisch sind sie nicht tragbar. Vor allem, wenn es um eine so wichtige Einrichtun­g wie das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) geht und damit um die öffentlich­e Sicherheit in Österreich. Eindeutige Antworten vom Innenminis­ter wären in Zeiten, in denen furchtbare Terroransc­hläge in Europa nicht weit zurücklieg­en, mehr als angebracht.

Weil die FPÖ einen Rücktritt Kickls nicht zulassen wird, wird er kurzfristi­g wohl bekommen, was er will: (s)einen neuen Staatsschu­tz. Dass das BVT im In- und Ausland nur noch mit der Affäre in Verbindung gebracht wird und längst nicht mehr mit einer geheimdien­stlichen Elitetrupp­e, macht einen Neustart fast zwingend. Aber das Vorgehen der blauen Führungsri­ege im Innenminis­terium – auch das zeigte der BVT-U-Ausschuss – macht klar, dass man sich diesen neuen Staatsschu­tz genau ansehen muss.

Langfristi­g stellt sich die Frage, ob Kickl seiner Partei dadurch, dass in seinem Ressort chaotische Zustände herrschen, nicht die Zukunft als Regierungs­partei verbaut. Die Mission, die FPÖ als staatstrag­ende Partei zu etablieren, ist zumindest im Sicherheit­sressort klar gescheiter­t.

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