Der Innenminister, der zu wenig wusste
Herbert Kickl stellt durch seinen Auftritt im U-Ausschuss zur Geheimdienstaffäre sein eigenes Amt infrage.
Wenn sich Verdächtige im Zuge ihrer Aussagen bei entscheidenden Fragen nicht erinnern können, dann schrillen bei jedem eingefleischten Krimifan die Alarmglocken. Das trifft nicht nur auf den Sonntagskrimi zu, sondern auch auf den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Affäre rund um den heimischen Staatsschutz. In dem konnte sich ein Innenminister namens Herbert Kickl (FPÖ) just in heiklen Punkten entweder nicht erinnern oder er gab die Verantwortung an seinen Generalsekretär weiter – der allerdings auch seine Erinnerungslücken hat. Beide vor allem dann, wenn es darum ging, bei falschen Angaben ertappt worden zu sein.
Was hätte der blaue Oppositionspolitiker Herbert Kickl wohl einem Minister gesagt, der vor einem UAusschuss zu einer Staatsaffäre folgende Hilflosigkeit zu Protokoll gab: „Ich habe ja keine Möglichkeit, bei meinen Sektionschefs permanent hinterherzurennen und permanent nachzufragen, ob das, was jemand tut, auch von mir zu verantworten ist.“Kickl hätte ihn scharf attackiert. Zu Recht.
Denn es stellt sich die Frage, wozu ein Ressortverantwortlicher notwendig ist, wenn der Generalsekretär im Ministerium in heiklen Staatsschutzangelegenheiten ohnedies frei schalten und walten darf. Erinnerungslücken und die Abgabe von Verantwortung an Beamte sind nicht strafbar, aber politisch sind sie nicht tragbar. Vor allem, wenn es um eine so wichtige Einrichtung wie das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) geht und damit um die öffentliche Sicherheit in Österreich. Eindeutige Antworten vom Innenminister wären in Zeiten, in denen furchtbare Terroranschläge in Europa nicht weit zurückliegen, mehr als angebracht.
Weil die FPÖ einen Rücktritt Kickls nicht zulassen wird, wird er kurzfristig wohl bekommen, was er will: (s)einen neuen Staatsschutz. Dass das BVT im In- und Ausland nur noch mit der Affäre in Verbindung gebracht wird und längst nicht mehr mit einer geheimdienstlichen Elitetruppe, macht einen Neustart fast zwingend. Aber das Vorgehen der blauen Führungsriege im Innenministerium – auch das zeigte der BVT-U-Ausschuss – macht klar, dass man sich diesen neuen Staatsschutz genau ansehen muss.
Langfristig stellt sich die Frage, ob Kickl seiner Partei dadurch, dass in seinem Ressort chaotische Zustände herrschen, nicht die Zukunft als Regierungspartei verbaut. Die Mission, die FPÖ als staatstragende Partei zu etablieren, ist zumindest im Sicherheitsressort klar gescheitert.