Die Verteidigung des Herbert Kickl
Mit Spannung wurde der vorläufige Höhepunkt des BVT-U-Ausschusses erwartet. Der Innenminister musste Rede und Antwort stehen.
Am Schluss verschwand der Innenminister durch den Seitenausgang. Den Journalisten, die vor dem U-Ausschusslokal im Parlament warteten, entging er so. Dabei hätten diese gestern, Dienstag, noch einige Fragen an Herbert Kickl (FPÖ) zur Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) gehabt.
Zur Erinnerung: Der U-Ausschuss versucht herauszufinden, ob die Razzia im BVT-Hauptquartier Ende Februar gerechtfertigt war. Dabei wollte die Staatsanwaltschaft zwei Verdachtsmomente gegen BVT-Beamte aufklären: Staatsschützer hätten nordkoreanische Pässe an Südkorea weitergegeben und sie hätten illegal Daten eines Anwalts gehortet. Die Opposition vermutet, dass Kickl und seine Mitarbeiter bei der Razzia Ermittlungsdaten über Rechtsextreme mitgenommen hatten, was wiederum die Kooperation mit anderen Geheimdiensten in Stocken gebracht haben soll. Generell sehen SPÖ, Neos und die JETZT (Liste Pilz) in der Aktion eine Umfärbeaktion nach der Machtübernahme der FPÖ.
Keine Schuld
Der Ressortchef konnte bei seiner Befragung durch die Abgeordneten wenig zur Aufklärung des Spionage-Thrillers beitragen. Oft konnte er sich an entscheidende Details nicht erinnern und betonte zu der gesamten Causa: „Es ist auf jeden Fall kein Verschulden, das mein Haus betrifft.“Die ganze Affäre sei insgesamt „eine außergewöhnliche Situation“, erklärte Kickl. Er habe kein Problem damit gehabt, dass einer seiner Mitarbeiter mit Zeugen zur Korruptionsstaatsanwaltschaft mitgegangen sei. Die Problematik an der Razzia, die aufgrund der Zeugenaussagen stattgefunden hatte, konnte er nicht erkennen. In die (mittlerweile wieder aufgehobenen) Suspendierungen von BVT-Beamten, unter anderem von Direktor Peter Gridling, will er nicht involviert gewesen sein oder konnte sich nicht daran erinnern.
Ermittlungen
Auch dass das „Konvolut“eines anonymen Autors über angebliche Missstände im BVT von seinem Generalsekretär zur Korruptionsstaatsanwaltschaft gebracht wurde, will der blaue Minister nicht veranlasst haben: „Ich habe ihn nicht zur WKStA geschickt.“Kickl sei damals nämlich neu im Ministerium gewesen und habe anderes zu tun gehabt: „Da halte ich das ehrlich gesagt für ein bisserl weltfremd, wenn man glaubt, dass das der Hauptfokus der Beschäftigung ist.“Die erste Zeit im Ministerium beschrieb er wie folgt: „Man muss sich erst einmal darum kümmern, dass man ein Telefon oder einen Schreibtisch bekommt.“Davon, dass seine Mitarbeiter auf die Staatsanwaltschaft Ermittlungsdruck aufgebaut haben sollen – wie es zumindest in internen E-Mails der Justizbehörden steht – will er nichts gewusst haben. Die Annahme, er überprüfe sämtliche Aktivitäten seiner Mitarbeiter, sei „völlig realitätsfremd“, meinte der FPÖ-Politiker.
„Das war die Holzhammermethode.“
Kooperation
Vorgehalten wurde dem Innenminister auch der Punkt, dass die BVTAffäre zu einem Vertrauensverlust in der Kooperation mit anderen Geheimdiensten geführt habe. Kickl selbst hatte dazu in einer parlamentarischen Anfrage eingestanden, dass dem BVT eine Suspendierung aus der wichtigen Gruppe internationaler Geheim- und Nachrichtendienste, der „Berner Gruppe“, drohte. Dies will Kickl erst aus der – von seinen Beamten formulierten – Anfragebeantwortung am 26. Juni erfahren haben. Der FPÖ-Minister hatte außerdem kurz darauf öffentlich versichert, dass die Kooperation mit den Partnerdiensten funktioniere. Die Opposition sieht darin eine klare Täuschung der Öffentlichkeit. Die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper hielt Kickl auch vor, er habe verschwiegen, dass er sich persönlich mit einer Belastungszeugin getroffen hatte – und zwar im FPÖ-Parlamentsklub am Vortag ihrer Aussage bei der Staatsanwaltschaft. „Ich stehe ja für Bürger gern zur Verfügung“, sagte der Innenminister.
Rechtsextreme
Emotional wurde Kickl, als ihm der Abgeordnete Peter Pilz vorwarf, Amtsmissbrauch begangen und das Leben verdeckter Ermittler gefährdet zu haben. Der Hintergrund: Im Zuge der BVT-Affäre soll Kickls Generaalsekretär Peter Goldgruber den BVT-Direktor Gridling gefragt haben, wo das BVT verdeckte Ermittler in der rechtsextremen Szene eingesetzt hat. Dies wies Kickl erbost als „letztklassig“zurück.
In dieser besonders heiklen Frage des U-Ausschusses bekam Kickl Schützenhilfe von der Generaldirektorin für Öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis, die ebenfalls geladen war. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass Goldgruber die Namen verdeckter Ermittler angefordert hatte, obwohl sie bei dem Gespräch dabei gewesen war.
Fehler gestand die höchste Polizistin Österreichs im Umgang mit der Leiterin des Referats für Extremismus, Sybille G., ein. Die Beamtin G. wurde von Kickls Kabinett kritisch beäugt. Laut Kardeis war die NS-Liederbuch-Affäre rund um den FPÖ-Politiker Udo Landbauer Ursache dafür. Die FPÖ habe G. verdächtigt, jenes Liederbuch mit antisemitischen Texten aus der Burschenschaft Landbauers weitergegeben zu haben. Kardeis habe G. schließlich die Pensionierung nahegelegt. „Das war sicher die Holzhammermethode.“Dem BVT insgesamt stellte Kardeis kein allzu gutes Zeugnis aus. Es sei schwierig zu argumentieren, dass es sich bei Missständen um Einzelfälle handle.