Vertrieben aus dem Schwarzgeld-Paradies
Oligarchen aus der Ex-UdSSR haben auf Zypern ihr Vermögen geparkt. Jetzt trennen sich Banken von solchen Kunden.
Das Gespräch war kurz und kühl, erinnert sich Michail: Man bedanke sich für das Vertrauen, müsse die Geschäftsbeziehung aber beenden, teilte ihm der Bankbedienstete mit. Seit mehr als zehn Jahren unterhielt der Russe eine Firma und ein Bankkonto auf Zypern. Zum 31. Oktober hat das Geldinstitut sein Konto geschlossen. „Kein Konto, keine Firma“, stellt der Russe resigniert fest.
Lang war Zypern ein beliebter Fluchtpunkt für wohlhabende Geschäftsleute aus der ehemaligen Sowjetunion. Sie brachten hier ihr Geld vor dem Fiskus in Sicherheit. Die zyprischen Banken stellten nicht viele Fragen. Einlagen waren willkommen. Hunderte Finanzberater kümmerten sich um die Kunden. Firmengründungen waren ein Kinderspiel. Rund 300.000 GmbH gibt es auf der Insel, die rund 860.000 Einwohner zählt. Viele Firmen verfügen nicht einmal über einen eigenen Briefkasten, geschweige denn ein Büro oder Personal.
Jetzt weht ein anderer Wind: Mitte 2018 legte die zyprische Zentralbank in einem Rundschreiben den Geldinstituten nahe, künftig keine Geschäftsbeziehungen mehr mit Mantel- oder Briefkastenfirmen aufzunehmen und bestehende Verbindungen zu beenden. Als fragwürdig gelten Firmen, die außer einer Adresse keine physische Präsenz auf Zypern unterhalten, kein Personal beschäftigen und keine Geschäftstätigkeit ausüben. Das trifft nach Schätzungen aus der Finanzbranche auf etwa 40.000 Firmen zu. Der Zweck vieler Briefkastenfirmen bestand einzig darin, Gelder dubioser Herkunft bei den zyprischen Banken zu parken.
Zyperns Finanzminister Harris Georgiades will reinen Tisch machen: „Diese Geschäfte sind vorbei, wir wollen sie nicht mehr.“Der Sinneswandel ist vor allem dem Druck aus den USA geschuldet. Bereits 2015 stellte das Außenministerium in Washington fest, Zypern gebe beim Thema Geldwäsche und Terrorfinanzierung „Anlass zu besonderer Sorge“. Im Frühjahr 2018 kam der für die Bekämpfung der Geldwäsche zuständige Außenstaatssekretär Marshall Billingslea nach Zypern. Er soll die zyprische Regierung massiv bedrängt haben, dubiose Finanztransaktionen russischer Oligarchen auf der Insel zu unterbinden.
Insider schätzen, dass Bürger aus Russland, der Ukraine und anderen Nachfolgestaaten der UdSSR auf Zypern rund 100.000 Firmen unterhalten. Manche gehen legitimen Geschäften nach, andere wurden eigens zum Zweck der Steuervermeidung und Geldwäsche gegründet. Die Verbindungen zwischen Russland und Zypern sind eng.
Wichtigster Einzelaktionär der Bank of Cyprus, des größten Geldinstituts der Insel, ist der russische Oligarch Viktor Vekselberg. Auch die Hellenic Bank, das zweitgrößte Institut, hat einen ausländischen Großaktionär: Knapp 25 Prozent der Aktien gehören dem Spieleentwickler Wargaming.net des Weißrussen Victor Kislyi.
Aber die Aktionäre können nicht verhindern, dass sich die zyprischen Banken jetzt unter dem Druck der USA ihre Kunden genauer ansehen. Die Hellenic Bank hat im vorigen Jahr 50.000 verdächtige Konten geschlossen. Die Bank of Cyprus trennte sich von mehr als 8000 Kunden und verzichtete damit auf Einlagen von 3,6 Mrd. Euro. Die Zahl der russischen Kontoinhaber ging um 60 Prozent zurück, die der ukrainischen um 40 Prozent.
Auch der Russe Michail will nun Zypern den Rücken kehren. Er überlegt, den Sitz seiner Firma nach Malta zu verlegen.