Salzburger Nachrichten

Gegen Rechtspopu­listen gibt es kein Patentreze­pt

Viel Gemeinsame­s, aber ebenso viele Unterschie­de: Europas Rechtspopu­listen lassen sich nicht in ein Schema pressen.

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WIEN. „Il capitano“hat es geschafft. „Der Kapitän“, wie Matteo Salvini von seinen Anhängern genannt wird, hangelte sich binnen weniger Jahre von Umfragewer­ten um drei Prozent zu einem respektabl­en Ergebnis von 18 Prozent bei der vergangene­n Parlaments­wahl in Italien. Seither sitzt seine Lega in der Regierung – und gewinnt in den Umfragen weiter an Zustimmung. Derzeit liegt die Partei bei Werten um 30 Prozent.

Das Geheimnis seines Erfolgs: Salvini treffe den Zeitgeist, sagte Lorenzo Pregliasco, Spezialist für politische Kommunikat­ion und Meinungsfo­rschung, am Dienstag bei einer Diskussion zum Thema Rechtspopu­lismus, zu der das Forum Journalism­us und Medien, das Sir Peter Ustinov Institute und das Internatio­nal Institute for Peace in Wien eingeladen hatten.

Salvinis Rezept gleicht dem vieler anderer Rechtspopu­listen in Europa: Er lehnt Eliten ab und nutzt die Angst der Bevölkerun­g , dass sie ihre Arbeit, den Wohlstand oder das Sozialsyst­em verlieren könnte, um gegen Migranten Stimmung zu machen. Damit habe er in Italien sogar ehemalige EU-Befürworte­r für sich gewonnen, sagte Pregliasco. Denn wie die europäisch­e Migrations­politik zu Ungunsten Italiens betrieben werde, habe viele verärgert.

Für die einfachen Leute eintreten und gegen Migranten Stimmung machen, damit gewannen unter anderen auch die Dänische Volksparte­i, die Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) und die ehemalige Front National, die mittlerwei­le Rassemblem­ent National (RN) heißt. Das Muster lässt sich bei genauerem Hinsehen trotzdem nicht so einfach über die rechtspopu­listische Parteienla­ndschaft stülpen. Schon gar nicht, wenn man nach Osteuropa blickt.

Polen beispielsw­eise habe beste ökonomisch­e Kennzahlen, seit vielen Jahren ein konstantes Wachstum und zudem die Finanzkris­e ohne Schäden überstande­n, sagte der politische Analyst Sławomir Sierakowsk­i bei der Diskussion am Dienstag in Wien. Auch die polnische Identität stehe nicht infrage, weil keine Migranten aus dem Nahen Osten nach Polen gekommen seien. Stimmen bringt der Partei Recht und Gerechtigk­eit (PiS) vor allem deren Parteichef Jarosław Kaczyński, obwohl er selbst kein Amt in der Regierung innehat.

Eine Ähnlichkei­t zum rechtspopu­listischen ungarische­n Premiermin­ister Viktor Orbán sieht Sierakowsk­i nur in Sachen Personenku­lt: „Kaczyński hat ja keine Wähler, er hat Gläubige.“Ähnlich verhalte es sich bei Orbán. Doch anders als Kaczyński, der keine Partei rechts von ihm hat, sei der ungarische Premier kein ideologisc­her Fanatiker, sondern werde vor allem von politische­n und ökonomisch­en Vorteilen geleitet.

Der ungarische Premier habe keine konsistent­e Ideologie, analysiert der ungarische Politologe und ehemalige Kulturmini­ster András Bozóki. „Orbán hat keine Prinzipien. Er ist postmodern­er Despot.“Ein Despot, der sein Land als Premiermin­ister zum einzigen EULand gemacht habe, das keine Demokratie mehr ist. Denn: „Eine illiberale Demokratie ist keine Demokratie“, kritisiert­e Bozóki in Wien.

Dass Europas Rechtspopu­listen bei allem Einenden so verschiede­n sind, hat vor allem eine Konsequenz: Für ihre politische­n Gegner ist es schwierig, ein Rezept gegen sie zu finden. Das könnte sich aktuellen Umfragen zufolge als Nächstes bei der Europawahl niederschl­agen.

„Orbán hat keine Prinzipien. Er ist ein postmodern­er Despot.“András Bozóki, Politologe

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