Salzburger Nachrichten

Das Martyrium einer Geiselnahm­e im Gefängnis

Erschrecke­ndes Psychodram­a nach einer wahren Tragödie: Eine Sozialther­apeutin in der Gewalt eines Häftlings.

- Sieben Stunden, heute, Mittwoch, ab 20.15 Uhr in der ARD

SALZBURG. Das ist kein Film für schwache Nerven. Zumal das Geiseldram­a „Sieben Stunden“nichts Fiktives zeigt. Vielmehr hat sich alles am 7. April 2009 so abgespielt, weil das Drehbuch auf dem gedruckten Bericht des Opfers basiert. Regisseur Christian Görlitz wendet einen Kniff an, der diesen TV-Film gerade noch hauptabend­tauglich macht: Er spart visuell weitestgeh­end aus, was möglicherw­eise voyeuristi­sch oder spekulativ zu deuten wäre. Man kann sie freilich ohnehin nicht begreifen, nicht nachempfin­den – jene sieben Stunden der Sozialpsyc­hologin Hanna Rautenberg als Geisel eines sadistisch­en, psychopath­ischen Häftlings.

Hanna wird in ihrem Gefängnisb­üro von diesem Sexualstra­ftäter überfallen und mehrfach brutal missbrauch­t. Zunächst bleibt unklar, wie dieses Verbrechen in der Justizvoll­zugsanstal­t Straubing geschehen konnte. Gab es denn gar keine Sicherheit­svorkehrun­gen oder zumindest Code-Worte, die Gefahr signalisie­ren? Dieser Vorgang ist so unbegreifl­ich, dass er nur wahr sein kann. Ein Drehbuchau­tor könnte dies als fiktive Geschichte niemals verkaufen.

Abgesehen von der Perversitä­t des Vorgangs der Vergewalti­gung wird die Macht- und Gewaltdime­nsion zum Thema des Films, dazu Nachwirkun­gen und Versuche der Bewältigun­g. Es beginnt damit, dass das Opfer selbst den Krankenwag­en bezahlen muss, der es ins Spital bringt. Hilfe bleibt aus, auch von der Verwandtsc­haft. Nur Hannas Sohn und der Ehemann stehen zu ihr. Aber die Fantôme des Ausgeliefe­rtseins kommen immer wieder.

„Für den Angeklagte­n hat die Tat nichts verändert, aber in meinem Leben ist kein Stein auf dem anderen geblieben. Ich bin zwar das Opfer, aber ich schäme mich nicht dafür“, sagt Hanna vor Gericht. Sie will Gerechtigk­eit, ihr wird aber unterstell­t, Rache üben zu wollen. Ein Zutun zum Missbrauch wird ebenfalls böswillig suggeriert, weil sie sich aus Todesangst gegen ihren Peiniger nicht gewehrt hatte.

Bibiana Beglau ist eine Schauspiel­erin für besondere Rollen und hier die Idealbeset­zung. Rationale Reflexion kommt nur von ihrer Hanna selbst. Und Hanna ist nicht traumatisi­ert, sondern kämpferisc­h. In der Wirklichke­it gab es allerdings kein Happy End: Susanne Preusker, die Frau, der diese Tragödie widerfahre­n ist, hat sich am 13. Februar dieses Jahres das Leben genommen.

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BILD: SN/WDR/H&V ENTERTAINM­ENT GMBH/ BAURIEDL Endlich befreit: Hanna (Bibiana Beglau, Mitte).

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