Diese Koalition braucht mehr Unterwäsche
Überall wird überlegt, wie man der Politik Beine machen könnte. Österreich hat das umgekehrte Problem.
2018 neigt sich seinem Ende zu, somit ist es an der Zeit, die beste politische Idee des Jahres zu küren und mit dem brennenden FegefeuerHolzscheit in Asbest auszuzeichnen.
Der begehrte Preis geht heuer – tata, tata! – an den früheren belgischen Premierminister Guy Verhofstadt. Denn angesichts des seiner Meinung nach mangelnden Reformwillens der EU-Spitzen hat er vorgeschlagen: „Sperrt sie in ein Sitzungszimmer, ohne frische Kleidung, ohne frische Unterwäsche, bis sie ihre Verantwortung wahrgenommen und Reformen auf den Weg gebracht haben!“
Bemerkenswert, nicht wahr? Manche werden nun einwenden, dass es sich um einen recht odiosen, also anrüchigen Vorschlag handelt. Schwerer wiegt der Einwand, dass Verhofstadts ausgezeichnete Idee nicht ganz neu ist. Schon in der legendären Bregenzerwälder Bauernrepublik fanden die Ratssitzungen in einem auf hohen Pfählen stehenden Baumhaus statt, das nur über eine Leiter erreichbar war. Nach Beginn der Sitzung wurde sie entfernt und erst wieder angelehnt, wenn sich die da oben (in diesem Fall wörtlich gemeint!) geeinigt hatten. Ohne Einigung blieben sie in dem Baumhaus, bis sie schwarz wurden.
Auch die Papstwahl von Viterbo, deren Beginn sich heuer zum 750. Male jährt, kann als Vorläuferin von Verhofstadts Geistesblitz gewertet werden. Im November 1268 war Papst Clemens IV. gestorben, woraufhin die Kardinäle in seinem Sterbeort zu einer Papstwahl zusammenkamen, die sich zur längsten der Geschichte auswachsen sollte.
Die Kardinäle hatten es mit der Wahl eines neuen Pontifex nicht eilig, da sie a) zerstritten und b) bestens versorgt waren. Die Bürger von Viterbo mussten für das leibliche Wohl der Papstwähler aufkommen und verfolgten die endlose Serie von gescheiterten Wahlgängen mit wachsendem Groll. Als erste Gegenmaß- nahme kürzten sie den Kardinälen die Essensrationen, setzten sie schließlich auf Wasser und Brot und deckten am Ende sogar noch das Dach des Bischofspalastes ab, damit die Papstwähler den Unbilden des Wetters ausgesetzt waren. Das wirkte: Nach 1005 Tagen gab es endlich einen neuen Papst.
Zu Zeiten der Großen Koalition, gegen deren Reformtempo jede Superzeitlupe ein Formel-1Rennen war, wurden diese Ideen zur Entscheidungsbeschleunigung eifrig studiert. Unter der jetzigen Koalition ist das anders. Nach allgemeiner Einschätzung regiert sie viel zu schnell und gehört dringend eingebremst.
Wie lautet die diesbezügliche Lehre von Verhofstadt, Bregenzerwald und Viterbo? Wer diese Regierung stoppen will, überhäuft Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache sofort mit Essenspaketen und Unterwäsche!