Arbeitslos sind jetzt die Trainer
Das Sparen im Arbeitsmarktservice beunruhigt AMS-Berater und erzürnt die Arbeiterkammer. Die Arbeitslosigkeit geht weiter zurück.
WIEN. Eigentlich könnte es eine gute Nachricht sein, wären da nicht die persönlich Betroffenen. Weil die Zahl der Arbeitslosen seit Monaten und Jahren sinke, seien auch nicht mehr so viele Trainer beim Arbeitsmarktservice (AMS) erforderlich, argumentiert Sozialministerin Beate Hartinger-Klein.
Das heißt, das AMS selbst braucht weniger Mitarbeiter und sorgt somit selbst für Arbeitslosigkeit. In einem ersten Schritt würden 900 Trainer und 300 Sprachlehrer im Dienst des AMS ihren Job verlieren, in Summe also 1200 Personen, kündigte Hartinger-Klein kürzlich an. Diese Trainer sind nicht direkt beim AMS beschäftigt, aber in dessen Auftrag tätig.
Die Einsparungen sollen ab 2019 schrittweise greifen und in der Endstufe bis zu 1800 Personen umfassen. Mancherorts wurden Kurse bereits deutlich zurückgefahren, etwa von vier Deutschkursen auf nur noch einen einzigen.
Auch im AMS mehren sich Sorgen, ob das Niveau der angebotenen Weiterbildungsmaßnahmen erhalten bleiben kann. Eine Beraterin, die nicht namentlich genannt werden will, sagt: „Es trifft die Qualität unserer Arbeit, wenn die Kunden aufgrund des Budgets nicht ausreichend für einen Wiedereinstieg qualifiziert werden können.“
Damit verlagerten sich auch die Prioritäten in der praktischen Arbeit, zum Teil mit fragwürdigem Ergebnis, sagt die Beraterin: „Man spürt, dass der Trend in die Rich- tung geht, eher die gut vermittelbaren Kunden zu unterstützen als Leute mit erhöhtem Bedarf.“Wirtschaftliche Gesichtspunkte gerieten damit gegenüber einer sozialgesellschaftlichen Ausrichtung ins Hintertreffen.
Am Donnerstag soll der Förderausschuss im AMS-Verwaltungsrat eine „stiftungsähnliche Maßnahme“für jene Trainer beschließen, deren Dienste das AMS künftig nicht mehr benötigt. Sie soll von Arbeitsmarktservice und den Bildungsinstituten gemeinsam mit Mitteln von bis zu 14 Mill. Euro ausgestattet werden. Dem für heute, Dienstag, angesetzten Beschluss im Verwaltungsrat über das AMS-Förderbudget 2019 könnten die Vertreter der Arbeiterkammer ihre Zustimmung verweigern – „wenn sich das Finanzministerium beim Förderund Personalbudget nicht noch in letzter Minute bewegt“.
Die Kürzung der AMS-Fördermittel von 1,4 auf 1,25 Mrd. Euro ist fix, am Dienstag geht es um deren Verteilung. Ein Veto der Arbeiterkammer könnte den Beschluss in dem neunköpfigen Gremium verzögern.
Die Mittel könnten etwa für Umschulungsmaßnahmen eingesetzt werden, schlägt der Chef des Berufsförderungsinstituts BFI, Michael Sturm, vor. So könnten Deutschlehrer künftig bei Digitalisierungskursen zum Einsatz kommen. Auch das BFI ist von einem Trainerabbau betroffen, im nächsten Jahr dürften rund 150 Personen weniger beschäftigt werden als heuer. Sturm bedauert den Personalabbau. Damit gehe „sehr viel Wissen verloren und vorhandene Kompetenzen können nicht für Arbeitsmarktschulungen genutzt werden, die von der Wirtschaft so dringend benötigt werden“– Stichwort Fachkräftemangel.
Die aktuellen Daten vom Arbeitsmarkt belegen eine anhaltende weitere Verbesserung. 307.311 Personen waren Ende November beim AMS als arbeitslos gemeldet, das ist im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Rückgang um fast 20.000 (exakt: 19.565) Personen oder sechs Prozent. Damit liegt die Arbeitslosigkeit nach nationaler Definition bei 7,6 Prozent und bei 5,1 Prozent nach europäischer Definition, das entspricht einem Rückgang von 0,6 beziehungsweise 0,2 Prozentpunkten zum Vorjahresmonat. Gegenüber Oktober (Quote: 7,3 Prozent) ergibt sich ein leichter saisonal bedingter Anstieg.
AMS-Chef Johannes Kopf spricht trotz der Jahreszeit von einer „weiterhin höchst sonnigen Entwicklung“auf dem Arbeitsmarkt. Die Sozialministerin sieht sich in dem von der Regierung eingeschlagenen Kurs bestätigt. 69.325 Personen – um 8500 weniger als vor einem Jahr – befanden sich im November in AMS-Schulungen, davon 43 Prozent ausländische Staatsbürger. Davon
„Weiter höchst sonnige Entwicklung.“Johannes Kopf, Arbeitsmarktservice
wiederum stellten mit 47 Prozent beinahe die Hälfte Asylberechtigte oder Personen mit subsidiärem Schutz dar. Zugleich stieg einmal mehr die Zahl der unselbstständig Beschäftigten weiter an, mit rund 3.758.000 Personen waren es um 75.000 mehr als vor einem Jahr.
Der Rückgang der Stellensuchenden zieht sich durch sämtliche Altersstufen, Bundesländer und Branchen. Besonders ausgeprägt war der Rückgang bei Langzeitarbeitslosen (–15,5 Prozent), Jugendlichen (–9,4 Prozent), Männern (–7,8 Prozent) sowie Personen mit Pflichtschulabschluss (–6,8 Prozent) und Lehraus- bildung (–9 Prozent). Unterdurchschnittliche Rückgänge gab es bei Frauen (–3,8 Prozent) sowie bei Menschen mit Behinderung (–2,3 Prozent). Dass auch der Rückgang bei arbeitslosen Akademikern mit 2,1 Prozent ziemlich verhalten ausfiel, liegt in erster Linie daran, dass die Zahl der Akademiker insgesamt deutlich im Steigen begriffen ist. Innerhalb von acht Jahren erhöhte sich die Zahl der Studienabschlüsse in Österreich um 68 Prozent. Nicht zuletzt die Umstellung („BolognaProzess“) auf den dreigliedrigen Studienaufbau erlaubt einen früheren Studienabschluss.