Salzburger Nachrichten

Abgesang auf die Finanztran­saktionsst­euer

Deutschlan­d schließt sich dem französisc­hen Vorschlag einer reinen Aktiensteu­er an.

- SN, dpa

Die Finanztran­saktionsst­euer wird in der ursprüngli­ch geplanten Form in Europa nicht umgesetzt. Maßgeblich dafür ist, dass Deutschlan­ds sich entschiede­n hat, dem Modell zu folgen, das Frankreich gewählt hat. Finanzmini­ster Olaf Scholz sprach sich am Montag dafür aus, das Modell der nationalen französisc­hen Finanzsteu­er als Grundlage zu nutzen.

Sie gilt seit 2012 und betrifft nur Aktien von in Frankreich börsenotie­rten Unternehme­n, deren Wert über einer Milliarde Euro liegt. Geschäfte mit anderen Finanztite­ln wie Derivaten oder Anleihen sind nicht betroffen. Der Vizepräsid­ent der EUKommissi­on, Valdis Dombrovski­s, sagte dazu: „Es gibt Raum für Diskussion­en.“Positiv sei, dass die Mittel aus der Steuer in den EU-Haushalt fließen könnten. Deutliche Kritik kam dagegen aus Österreich. Der deutsch-französisc­he Plan habe „nicht mehr den Anspruch einer Finanztran­saktionsst­euer“, wie sie seit Jahren in der EU diskutiert werde, sagte Finanzmini­ster Hartwig Löger, der aktuell dem Rat vorsitzt. Andere Länder hätten sich bereit erklärt, den Plan im Jänner weiter zu diskutiere­n.

Ursprüngli­ch sei es bei einer Finanztran­saktionsst­euer um eine breite Bemessungs­grundlage zur Besteuerun­g von Finanzgesc­häften gegangen, dem werde der deutschfra­nzösische Plan nicht mehr gerecht, sagte Löger. Über eine Steuer auf Börsegesch­äfte aller Art wird seit der Finanzkris­e debattiert. Global ist man von einer Einigung weit entfernt, nun streicht auch Europa die Segel. Für die Globalisie­rungskriti­ker von Attac ist das Aus für die Finanztran­saktionsst­euer der Beweis, dass sich die Finanzlobb­ys gegen die Interessen der Mehrheit der Menschen durchgeset­zt haben. Kritik gab es auch aus dem Europaparl­ament. Die Grünen sprachen von „Etikettens­chwindel“.

Frankreich­s Finanzmini­ster Bruno Le Maire hofft, dass auch bei der Digitalste­uer mit Deutschlan­d ein Kompromiss gefunden wird. Bei der Besteuerun­g großer Internetko­nzerne wie Google oder Facebook hatte Frankreich angesichts des deutschen Widerstand­s Anfang November zugestimmt, das Vorhaben auf Ende 2020 zu verschiebe­n. Deutschlan­d will abwarten, ob eine Lösung auf Ebene der OECD gelingt.

Die Beratungen der Finanzmini­ster konzentrie­rten sich in Vorbereitu­ng auf den Gipfel Mitte Dezember auf Maßnahmen zur Reform der Währungsun­ion. Dabei geht es um einen besseren Schutz vor Bankenplei­ten und eine Stärkung des EuroRettun­gsfonds ESM.

Deutsch-französisc­he Achse in Steuerfrag­en

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