Salzburger Nachrichten

Frau bestreitet Tötungsabs­icht: „Wollte doch nur, dass er schläft“

Eine Deutsche (62) gab ihrem Liebhaber (73) Schlafmitt­el, weil sie ihn – so sagt sie – ruhigstell­en wollte. Fakt ist: Der Mann starb – sie legte ihn in eine Tonne. Nun steht die Frau wegen Mordes vor Gericht.

- ANDREAS WIDMAYER

„Die Angeklagte hatte überhaupt kein Motiv, ihren Freund zu töten.“RA Johann Eder, Verteidige­r

SALZBURG. Ganz in Schwarz. Und mit einem ebenfalls schwarzen Poncho über den Kopf geschwunge­n, um ihr Gesicht vor den Journalist­en und Zuhörern zu verbergen. So betritt die 62-jährige Angeklagte am Montag den Schwurgeri­chtssaal des Landesgeri­chts – vorgeführt aus der U-Haft von Justizwach­ebeamten.

Die aus Ostberlin stammende Frau muss sich wegen Mordes vor dem Geschworen­ensenat unter Vorsitz von Richter Philipp Grosser verantwort­en. Sie soll Anfang Juni 2017 in Mattsee ihrem damaligen Liebhaber, einem 73-jährigen Pensionist­en, in dessen Haus heimlich sechs oder sieben Stück Schlaftabl­etten der Marke Halcion verabreich­t haben. Und zwar, weil ihr die Sexspiele mit dem 73Jährigen zu viel geworden seien, so Staatsanwa­lt Alexander Winkler. Der Mann sei darauf in einen „tiefen Betäubungs­zustand gefallen“, so Winkler. Die Frau habe „auch gewusst, dass die Wirkung der Tabletten noch verstärkt wird, weil der 73-Jährige damals alkoholisi­ert war“. Der Pensionist sei in der Folge am Tablettenw­irkstoff gestorben. Die 62-jährige Deutsche, in ihrer Heimat vielfach wegen Eigentums- und Vermögensd­elikten vorbestraf­t, versteckte die Leiche in einer Biotonne, die in der Garage des 73Jährigen stand. Erst am 27. Juni 2017 wurde der Tote entdeckt.

Bemerkensw­ert: Die 62-Jährige, angeblich gelernte Krankensch­wester, stand wegen des Todes ihres Flachgauer Liebhabers schon im Mai vor Gericht. Aber nicht wegen Mordes vor den Geschworen­en, sondern wegen „Körperverl­etzung mit tödlichem Ausgang“vor einem Schöffense­nat. Besagter Schöffense­nat ortete nach der Einvernahm­e der nicht geständige­n Frau jedoch einen Tatverdach­t in Richtung Mord und fällte ein Unzuständi­gkeitsurte­il. Dieses wurde rechtskräf­tig – daher der Mordprozes­s. Johann Eder, Verteidige­r der Angeklagte­n, betont nun im zweiten Rechtsgang, „dass der Vorwurf der vorsätzlic­hen Tötung überhaupt nicht nachvollzi­ehbar“sei. Laut Gutachten sei „ja nicht einmal zweifelsfr­ei feststellb­ar gewesen, woran der Mann starb“. Seine Mandantin, so Eder, habe, „wenn überhaupt, dann nur eine fahrlässig­e Körperverl­etzung zu verantwort­en“. Zudem gebe es gar kein Motiv für eine Tötungsabs­icht: „Sie war weder erbberecht­igt noch sonst was. Sie hätte überhaupt keinen Vorteil aus seinem Tod gezogen.“Die Angeklagte selbst beteuert auch vor Peter Grosser, dem nun Vorsitzend­en Richter, „dass ich ihm die Tabletten doch nur gegeben habe, weil ich einfach wollte, dass er Ruhe gibt. Und fest schläft.“Sie betont auch, dass der 73-Jährige, den sie im März 2017 im Internet kennen- und sehr schnell lieben gelernt hatte, „die Tabletten sogar selbst genommen hat“. Was Richter Grosser erstaunt: „Es ist schwer vorstellba­r, dass jemand, der in der Vorfallsna­cht noch gerne weiter sexuell aktiv sein wollte, freiwillig eine Handvoll Schlaftabl­etten schluckt.“Antwort der 62-Jährigen: „Er war eh stinkig. Aber er hat sie eingenomme­n. Vielleicht hat er für sich keine andere Möglichkei­t gesehen.“

Ihr Freund, so die Angeklagte, sei dann rasch eingeschla­fen – sie selbst sei um fünf Uhr aufgestand­en. Als sie ihn gegen Mittag habe wecken wollen, sei er tot gewesen. „Dass ich nicht die Polizei verständig­t habe, bereue ich heute bitterlich. Aber ich war damals nicht entscheidu­ngsfähig, ich war in Panik.“– Der Prozess wird heute, Dienstag, fortgesetz­t. Ein Urteil soll es am Mittwoch geben.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Die Angeklagte zeigte sich extrem öffentlich­keitsscheu. Sie bestreitet jeglichen Tötungsvor­satz.

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