„Ich kann Minirock und Hässlichkeit“
„Die beste aller Welten“, „Magda macht das schon!“und nun das „Wunder von Wörgl“: Verena Altenberger ist aktuell wohl Salzburgs erfolgreichste Schauspielerin. Im SN-Interview schildert sie, wieso ihr ihre Pongauer Herkunft hilft.
In den 30er-Jahren hat die Weltwirtschaftskrise Österreich fest im Griff. Auch in der Tiroler Kleinstadt Wörgl dominieren Arbeitslosigkeit, Frust und Faschismus. Doch einem per Los bestimmten Bürgermeister gelingt die Wende – indem er „Schwundgeld“einführt. Die Zweitwährung verliert monatlich an Wert und wird deshalb viel schneller ausgegeben. Morgen, Samstag, zeigt ORF 2 um 20.15 Uhr die Verfilmung der wahren Begebenheiten um das „Wunder von Wörgl“. Die Hauptrolle spielt Karl Markovics. Und ihm zur Seite steht die Pongauerin Verena Altenberger (31). SN: Frau Altenberger, sind Sie mittlerweile ein Fan von „Schwundgeld“? Verena Altenberger: Oh ja, auf jeden Fall! Ich muss aber gestehen, dass ich mit dem Begriff nichts anfangen konnte, bevor ich das Drehbuch gelesen habe. Als ich hingegen meinem Papa davon erzählt habe, wusste er sofort Bescheid. SN: Würde das Konzept auch 2018 noch funktionieren? Ich bin wirtschaftswissenschaftlich zu wenig bewandert, um das gut beurteilen zu können. Aber im Film fällt ein Satz: Man muss niemand anderem etwas wegnehmen, damit es einem selber gut geht. Diesen Satz könnte man sicher weltweit anwenden. Wir brauchen nicht weniger Sozialstaat, wir brauchen nicht mehr Grenzen. Wir müssen vielmehr ins Gegenüber investieren, etwa in die Bildung. SN: Zu Ihrer Rolle: Sie spielen die Frau des Bürgermeisters. Es sind zwei vollkommen gleichberechtigte Eheleute – und das in den 30ern. Sie hat die Kinder großgezogen, aber auch eine Boutique geführt. Dazu war sie eine treibende Kraft hinter dem Wirtschaftsexperiment. Das, was sie in den 30ern vorgelebt hat, ist heute noch nicht selbstverständlich. SN: Schon in einem anderen Interview haben Sie gesagt, dass Frauen für ein ausgeglichenes Verhältnis heute noch viel aufzuholen hätten. Ja. Ein Beispiel ist die Sprache: Ich wundere mich immer wieder darüber, dass Gendern (geschlechterbewusstes Formulieren, Anm.) nicht üblich ist. Wenn das schon nicht selbstverständlich ist, wie sollen wir dann von einem ausgeglichenen Verhältnis sprechen? SN: Sie befürworten auch Frauenquoten. Wieso? Wenn das Wort „Frauenquote“fällt, haben alle gleich wieder furchtbar Angst, dass unqualifizierte Frauen in wichtige Posten gehievt werden. Aber nehmen wir das Beispiel Kamerafrauen: Wenn es eine Quote gäbe, müssten Ausbildungsstätten sich mehr um Frauen bemühen. Für viele Mädchen würde so erst eine weitere interessante Perspektive eröffnet. Und wir würden einen Prozess anstoßen, der nicht nur um Führungsposten kreist. SN: Zurück zu Ihrer Person: Wie stark hallt Ihr Erfolg mit dem Salzburger Film „Die beste aller Welten“nach? Erst vor Kurzem haben wir in Kalifornien wieder einen Preis gewonnen. Es ist ein anhaltendes Glücksgefühl. Und das nicht nur wegen der Preise: Der Film wird in Schulen gezeigt, in Suchtkliniken. Oftmals erreicht ein Film nicht die Leute, die er betrifft. Das ist hier anders. SN: Unabhängig von der Produktion: Welchen Bezug haben Sie sonst noch zum Bundesland? Meine Wohnung habe ich seit zwölf Jahren in Wien. Allerdings sieht diese mich zunehmend seltener – und mich verschlägt es fast öfter nach Salzburg als nach Wien. In Dorfgastein und Umgebung lebt auch fast meine ganze Familie. Wenn ich nach Salzburg komme, wenn ich die Natur sehe, merke ich richtig, wie mein Körper anspringt. Das ist ein Quell an Ruhe und Kraft. Aber ich gebe zu: Aktuell ist wohl mein Koffer mein Zuhause (lacht). SN: Parallel sind Sie auch in Deutschland erfolgreich. Welche Rolle spielt dabei die RTL-Serie „Magda macht das schon!“? Es war für mich eine Riesenchance, Magda und „Die beste aller Welten“nahezu gleichzeitig zu drehen. Dadurch konnte ich auf einen Schlag beweisen, dass ich Quote im Fernsehen und Arthouse kann, dass ich Drama und Comedy kann, dass ich Minirock kann, aber auch den Mut zur Hässlichkeit habe. Das war ein Schweineglück. Aber ich glaube auch an den Satz, dass das Glück die Vorbereiteten trifft. SN: 2019 startet ein weiteres deutsches Projekt: Sie werden „Polizeiruf 110“-Kommissarin. Ja. Inhaltlich darf ich aber leider noch nichts verraten. SN: Matthias Brandt war sieben Jahre in der Rolle zu sehen. Können Sie sich so etwas Langfristiges vorstellen? Der „Polizeiruf“wird ja nicht am laufenden Band produziert – es sind im Schnitt ein bis zwei Filme pro Jahr. Da wäre es schon etwas anderes, wenn ich sieben Jahre lang „Magda macht das schon!“spielen würde … Aber ich denke eh nicht so weit voraus: Ich genieße die gewisse Unsicherheit in diesem Beruf. SN: Aber bestimmte andere Projekte stehen schon fest. Ja. Im Februar 2019 startet etwa „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“(David Schalkos Serien-Neuauflage des Fritz-Lang-Klassikers, Anm.). Darin spiele ich die Mutter eines Opfers. Und Folge für Folge steigen wir ein Stück weit tiefer in ihren Seelenkeller … Im Herbst wird dann „Hannes“gezeigt, eine Rita-FalkVerfilmung. Dazu spiele ich eine italienische Interpol-Kommissarin in „Die Jagd“, einem ZDF-Krimi über die Mafiamorde von Duisburg. SN: Wird selbst bei all den Projekten der Druck nicht zu groß? Sie haben einmal gesagt, das Scheitern sei nur einen Schritt entfernt. Solche Gedanken schleichen sich tatsächlich ein. Aber ich versuche, sie in Positives umzumünzen. Wenngleich mir das tagsüber leichter fällt als nachts … Aber vielleicht hilft mir auch die Salzburger Herkunft. Ein typischer Satz bei uns zu Hause ist: „Was, du warst gerade im Fernsehen? Wann denn?“Allein dadurch kann ich vieles unaufgeregt sehen. Und ich schöpfe Energie aus meinem Beruf. Deshalb will ich fast nie freihaben, sondern arbeiten. Verena Altenberger