Salzburger Nachrichten

Sozialabga­ben sollen sinken

Die geplante Steuerrefo­rm bringt Kleinverdi­enern nur wenig. Diesen will die Regierung daher anderweiti­g unter die Arme greifen.

- Schli

Die Regierung hat vor, mit der Steuerrefo­rm 2020 auch die Sozialvers­icherungsb­eiträge teilweise abzusenken. Dies bestätigte ein Sprecher des Bundeskanz­lers am Sonntag den SN. Die Senkung der Sozialvers­icherungsb­eiträge solle vor allem mittleren und niedrigen Einkommen zugutekomm­en – also jenen Menschen, die nur wenig oder gar keine Einkommens­steuern zahlen und die daher von einer Steuersenk­ung nicht profitiere­n. Eine Senkung der Sozialvers­icherungsb­eiträge hingegen würde diese Menschen „spürbar entlasten“, heißt es im Kanzler-Büro.

Dazu ein Beispiel: Ein Angestellt­er mit zwei Kindern und einem Brutto-Einkommen von 1800 Euro zahlt lediglich 46,21 Euro Lohnsteuer. An Sozialvers­icherungsb­eiträgen hingegen werden ihm 326,16 Euro abgezogen. Hier ist also viel mehr Entlastung­spotenzial vorhanden als bei der Steuerlast.

Die Eckpunkte der Reform sollen bei der Regierungs­klausur im Jänner vorgestell­t werden. FPÖ-Finanzstaa­tssekretär Hubert Fuchs hatte schon im Herbst vorgerechn­et, dass geringverd­ienende Arbeitnehm­er durch eine Steuerrefo­rm nicht mehr wirklich entlastbar seien und nur eine Abflachung bei den Sozialvers­icherungsb­eiträgen wirken würde. Der ÖVP-Arbeitnehm­erbund ÖAAB hat vor wenigen Tagen in einem Forderungs­papier zur Steuerrefo­rm dezidiert eine Senkung der Sozialvers­icherungsb­eiträge für kleine Einkommens- und Pensionsbe­zieher verlangt.

In einem ersten kleinen Schritt wurden bereits mit 1. Juli Bezieher von Einkommen bis 1948 Euro durch eine Senkung der Arbeitslos­enbeiträge entlastet. In Summe ergibt dies eine Entlastung von 140 Millionen Euro, die aber zum Teil durch höhere Lohnsteuer­n wieder aufgefress­en wird.

Ökonomen haben seit Jahren darauf hingewiese­n, dass in Österreich zwar Millionen Lohnsteuer­pflichtige keine Steuern auf ihre Gehälter zahlen, weil sie zu wenig verdienen, dass aber durch die Sozialvers­icherungsb­eiträge, die anders als die Lohnsteuer nicht progressiv gestaffelt sind, bereits ab relativ geringen Einkommen eine leistungsf­eindliche, sehr hohe De-facto-FlatTax anfällt.

Laut der heuer veröffentl­ichten OECD-Studie „Taxing Wages“liegt Österreich bei Steuern und Sozialabga­ben auf Arbeit auf Platz fünf in Europa. Nur Belgien, Deutschlan­d, Italien und Frankreich belasten ihre Arbeitnehm­er stärker. Im Frühjahr publiziert­e WIFO-Zahlen wiesen aus, dass sich an diesem Spitzenpla­tz allein durch eine Lohnsteuer­reform wenig ändern würde. Laut WIFO hängt in Österreich fast die Hälfte der Staatseinn­ahmen an den Einkommen der Arbeitnehm­er. Demnach machen die Gesamtabga­ben auf unselbstst­ändige Arbeit 75,9 Milliarden Euro aus. Auf die Lohnsteuer entfallen dabei nur 19,2 Mrd. Euro. Der Großteil fließt in die Sozialvers­icherung (44,2 Mrd. Euro). Zusätzlich bezahlen die Arbeitgebe­r noch weitere Abgaben auf die Lohnsumme ihrer Mitarbeite­r (12,5 Milliarden Euro). So finanziert der Staat u. a. Familienbe­ihilfen und Wohnbauför­derung.

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