CDU-Chefin will Merkel die Stirn bieten
Nach ihrer knappen Wahl zur neuen Chefin der CDU hat Annegret Kramp-Karrenbauer einen schwierigen Start vor sich. Das zeigt sich auch nach der Wahl des neuen Generalsekretärs.
BERLIN. Ganz knapp nur hat die bisherige Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer auf dem Hamburger Parteitag das Duell um den CDU-Vorsitz gegen den früheren Fraktionschef Friedrich Merz gewonnen. Das unterlegene Lager hat mit Enttäuschung, Wut und üblen Gerüchten reagiert. So verbreiteten enttäuschte Merz-Fans, dass der zum neuen Generalsekretär gewählte JU-Chef Paul Ziemiak schon länger gewusst habe, dass er diesen Posten erhalten solle. Darum habe er dafür gesorgt, dass Kramp-Karrenbauer im zweiten Wahlgang genügend Stimmen erhalten habe. Auch wurde gestreut, die Parteitagsregie habe bei Merz’ Rede das Mikrofon leiser gestellt.
Der 33-jährige Ziemiak erhielt bei seiner Wahl zum Generalsekretär nur knapp 63 Prozent der Stimmen. In der Jungen Union war er dagegen zuletzt mit 91,1 Prozent zum Vorsitzenden gewählt worden. Er ist ein enger Freund des im ersten Wahlgang ausgeschiedenen Gesundheitsministers Jens Spahn. Die Junge Union hatte ihre Hoffnung vor allem auf Merz gesetzt, der im zweiten Durchgang 35 Stimmen weniger als Kramp-Karrenbauer erzielte.
Welche Rolle er zukünftig in der CDU spielen wird, ist noch unklar. Einige hätten ihn gern als Ersatz für den wie AKK aus dem Saarland stammenden Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Carsten Linnemann, Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, appellierte an Merz: „Friedrich, bleib bitte bei uns. Friedrich, wir brauchen dich.“Allerdings waren nicht wenige vom konservativen Flügel von ihrem Hoffnungsträger Merz enttäuscht. Sie fanden die abgelesene Rede des als brillanter Rhetoriker bekannten Politikers schlicht schlecht.
Die Möglichkeit einer Spaltung der CDU hatte die wiedergewählte Parteivize Julia Klöckner vor der Wahl noch ins Reich der journalistischen Fantasie verwiesen. Auch Kramp-Karrenbauer wollte davon am Wochenende nichts wissen: „Nein, die Partei ist nicht gespalten.“Ihre Mitbewerber rief sie zur Geschlossenheit auf: „Wir drei Kandidaten waren uns immer einig, dass jeder von uns Verantwortung dafür trägt, dass die Partei nach dieser Entscheidung zusammenhält.“Die kommenden Wochen werden nun zeigen, ob es ihr gelingt, die Partei wieder zu einen. Ziemiak muss beweisen, dass er die richtige Wahl war und dass er in der Lage ist, die Partei für junge Leute attraktiv zu machen.
Annegret Kramp-Karrenbauer machte deutlich, dass sie auf die Änderungswünsche der Partei eingehen werde. Konkret nannte sie die Migrations- und Sicherheitspolitik. Mit dem Thema Flüchtlinge greift sie die Hauptkritik an Merkel auf. Zwar hat Merkel in der Migrationspolitik einen immer härteren Kurs gefahren. In Erinnerung ist jedoch vor allem das Offenhalten der Grenzen Ende 2015. Zu dieser Thematik will Kramp-Karrenbauer nicht nur im Januar eine Klausurtagung einberufen. Sie machte auch deutlich, dass sie sich im Zweifelsfall auch gegen die Kanzlerin stellen wird.
Der große Gewinner des Parteitags war der unterlegene Gesundheitsminister Spahn. Er wusste um seine Chancenlosigkeit bei dieser Wahl. Aber er hat sich ganz klar als Hoffnungsträger für die Zukunft etabliert. Mit seiner Rede ist es ihm gelungen, das an ihm haftende Image des Überambitionierten abzubauen. Zum Dank wurde er mit knapp 90 Prozent ins Parteipräsidium gewählt.
Sichtlich erleichtert reagierte AfD-Chef Alexander Gauland auf die Wahl von Kramp-Karrenbauer. Sie sei die Fortsetzung von Merkel mit anderen Mitteln. Ein Sieg von Merz und ein damit verbundener Rechtsruck hätten die Aussichten der AfD verschlechtert. Die SPD reagierte wie immer gespalten. Der linke Flügel hatte auf Merz gehofft, weil das die Abgrenzung zur CDU erleichtert hätte. Allerdings hätte er es wohl auch der SPD-Führung schwerer gemacht, die Partei auf GroKo-Kurs zu halten. FDP-Chef Christian Lindner wollte die Frage nicht beantworten, ob er im Falle eines Bruchs der GroKo Kramp-Karrenbauer zur Kanzlerin wählen werde.