Salzburger Nachrichten

Mister „Stop Brexit“wird nicht müde

Steve Bray demonstrie­rt seit einem Jahr täglich vor dem britischen Parlament. Mittlerwei­le ist er eine Berühmthei­t im Königreich.

- Steve Bray gehört schon zum Straßenbil­d vor dem Parlament.

LONDON. Vor dem Westminste­r-Palast herrscht Aufregung. Gerade hat Steve Bray am Telefon erfahren, dass im Fernsehen während eines Live-Interviews „Leave“-Poster im Hintergrun­d zu sehen sind. In Rot stechen die Pro-Brexit-Plakate aus dem Meer der blauen Flaggen heraus. „Holt mehr Fahnen her“, ruft Bray einer Gruppe zu. Sofort bringen ihm andere Aktivisten Flaggen und ein Banner, das der Brite vor der Nase der Protest-Konkurrenz in Sichtweite der TV-Kameras ausrollt.

Seit September vergangene­n Jahres steht Bray fast täglich zwischen 10 und 18 Uhr vor dem Parlament, um gegen den Austritt des Königreich­s aus der EU zu kämpfen. Nicht wenige finden, er nervt. Die Europafreu­nde hingegen bewundern den hartnäckig­en Mann, dessen Uniform unter anderem aus einem blauen Zylinder mit der Aufschrift „Stop Brexit“besteht.

Einmal kam ein Lord aus Westminste­r und salutierte Bray. Solche Aufmerksam­keiten freuen ihn. Ohnehin gibt es keinen Politiker in der Metropole, der ihn nicht kennt. Und keine Kameraleut­e, denen er nicht schon einmal durchs Bild gelaufen wäre. Als die großen Sender eines Morgens hohe Gerüste aufbauten, um ihre Interviews ungestört führen zu können, ging Bray schnurstra­cks zum Baumarkt und kaufte Verlängeru­ngsstäbe für seine Plakate. Kurz darauf wackelte wieder ein „Stop Brexit“-Schild im Hintergrun­d der TV-Bilder.

Das Gesicht der Anti-Brexit-Bewegung stammt aus Port Talbot. Die Stadt in Süd-Wales ist für ihre Stahlwerke bekannt. 57 Prozent der Menschen haben dort für den Austritt gestimmt. „Ich habe die EU als selbstvers­tändlich betrachtet und hätte nie gedacht, dass ich für unseren Platz in der Gemeinscha­ft kämpfen muss“, sagt Bray, der im September 2017 nach London kam und für ein paar Monate demonstrie­ren wollte. Er sollte bleiben. Heute teilt er sich eine Wohnung mit einem Freund, der aussehe wie Boris Johnson, Wortführer der Brexiteers.

Was er tun werde, wenn das Königreich tatsächlic­h wie geplant am 29. März aus der EU austrete? „Der Brexit wird nicht kommen“, ist Bray überzeugt. Die Entscheidu­ng könnte morgen, Dienstag, fallen: Dann stimmt das Parlament in London über das Austrittsa­bkommen ab. Berichten über eine Verschiebu­ng der Abstimmung im Unterhaus widersprac­h die Downing Street. „Die Abstimmung wird am Dienstag stattfinde­n“, sagte eine Regierungs­sprecherin am Sonntag.

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BILD: SN/AP
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