Mit Pfefferspray Massenpanik in der Diskothek ausgelöst
Die italienische Polizei identifiziert jugendlichen Verdächtigen. Wie es zur Tragödie in der „Lanterna Azzurra“bei Ancona kommen konnte, bei der sechs Menschen starben.
Erste Zeugenaussagen klangen erschütternd: „Ich hatte Leute über und unter mir“, sagte eine 19-jährige Besucherin, die sich am Bein verletzte. Und: „Ein Mädchen, das noch unter mir lag, schrie und sagte: ,Ich sterbe, mir geht es schlecht.‘“Fünf Jugendliche starben in einer Diskothek in Corinaldo bei Ancona, vermutlich weil ein Besucher des Konzerts des italienischen Rappers Sfera Ebbasta noch vor dem Auftritt Reizgas versprüht hatte. Ums Leben kam in der Massenpanik auch eine Mutter, die ihre Tochter begleitet hatte.
Am Sonntag identifizierte die Polizei einen minderjährigen Jugendlichen aus Ancona, der Pfefferspray in die Menge gesprüht haben soll. Er soll demnächst befragt werden.
Die Tragödie in der Diskothek „Lanterna Azzurra“(Blaue Laterne) ist nicht die erste, die durch ähnlich unverantwortliches Handeln ausgelöst wurde. Immer wieder soll es zuletzt vorgekommen sein, dass Personen mit Reizgas versuchten, Chaos auszulösen, um Menschen zu bestehlen. Dies war auch beim Public Viewing des ChampionsLeague-Finales im Juni 2017 in Turin der Fall. Bei der damaligen Panik waren 1500 Menschen verletzt worden, eine Frau war an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben.
Am Sonntag bangte man noch um das Leben von sieben schwer verletzten Jugendlichen, ihr Zustand wurde von Ärzten als kritisch bezeichnet. Die Todesopfer waren 14 bis 16 bzw. 39 Jahre alt. Dutzende Menschen zogen sich in dem Gedränge teils schwere Quetschungen oder Knochenbrüche zu.
Inzwischen wurden Kontrollen in italienischen Diskotheken verschärft. Die Polizei schloss zwei Lokale in Salerno, weil sich darin zu viele Besucher befanden. Auch in der „Lanterna Azzurra“wurden die Sicherheitsvorkehrungen überprüft, laut Ermittlern befanden sich wesentlich mehr Menschen als erlaubt zum Zeitpunkt der Panik dort. Dies wurde später dementiert.
Das Drama in Corinaldo rief prompt Politiker auf den Plan. Regierungschef Conte versprach, die entsprechenden Sicherheitsvorschriften zu verbessern, wo dies nötig sei. Innenminister Salvini sagte, es sei seine Pflicht, „die Verantwortlichen zu finden, diejenigen, die aus Boshaftigkeit, Dummheit oder Habgier einen Party-Abend in eine Tragödie verwandelt haben“. Was passiert sei, lasse einen wie „versteinert“zurück, erklärte Staatspräsident Sergio Mattarella. Auch der Papst zeigte sich bestürzt.
Auf einem von italienischen Medien veröffentlichten Video soll der Moment zu sehen sein, in dem die Menschenmasse in Richtung eines Ausgangs drängt. Der Weg ist wie ein Flaschenhals, in dem es kein Vor und Zurück zu geben scheint. Dann gibt die Balustrade plötzlich nach. Dutzende Menschen stürzen. Augenzeugen sagen, der Notausgang sei versperrt gewesen.