Zum Jubiläum sagte Hirscher Danke
Nach dem 60. Weltcupsieg blickt der Salzburger demütig auf seine Karriere und in die Zukunft.
VAL D’ISERE. Zwei Zehntelsekunden würde die neue Rolle als Vater einen Rennfahrer langsamer machen. Zu evaluieren ist die einstige Aussage von Michael Schumacher im Fall von Marcel Hirscher nicht. Doch sollte die Formel-1-Legende recht haben, dann macht es bei Österreichs Skistar nur jenen Unterschied, dass er seine Konkurrenten weniger weit distanziert. Im Riesentorlauf von Val d’Isère waren es jedoch immer noch 1,18 Sekunden, die er zwischen sich und den Rest der Skiwelt setzte.
Diese führte wieder einmal Henrik Kristoffersen an. Der Norweger jedenfalls attestiert seinem Rivalen, dass der Salzburger seit der Geburt seines Sohnes sogar noch schneller geworden ist: „Marcel hat vielleicht auch die Vater-Power. Sicher ist aber, dass er weiterhin der beste Skifahrer der Welt ist.“Kristoffersen fragt sich bereits, ob der Zuschauer überhaupt weiß, wie stark Hirscher sei. „Es ist unglaublich. Ich probiere alles, was irgendwie möglich ist.“Meistens reicht es aber „nur“zu Platz zwei.
Der Österreicher selbst glaubt, dass Kristoffersen ihm im Laufe der Saison noch die Grenzen aufzeigen könnte, was angesichts der aktuellsten Vorstellung aber nur schwer vorstellbar ist. „Henrik gehört sicher die Zukunft. Er ist ein begnadeter Skifahrer, das ist nur eine Frage der Zeit“, sagt der 29-Jährige, nachdem er bei extrem schwierigen Verhältnissen mit schlechter Sicht eine Klasse für sich war. Interessant wäre ein Vergleich der beiden im Slalom, Kristoffersens bessere Disziplin, am Sonntag gewesen. Bei Sturmböen mit über 100 km/h wären aber weder Sicherheit noch Fairness gegeben gewesen. Das Rennen soll laut FIS in der zweiten Jänner-Woche, bevorzugt in Frankreich, nachgetragen werden.
So bekamen die restlichen Österreicher keine Möglichkeit zur sofortigen Wiedergutmachung. Manuel Feller war am Samstag als Elfter zweitbester Österreicher und auch die drei Salzburger hatten in ihrem zweiten Comeback-Rennen noch nichts mit der Entscheidung zu tun. Philipp Schörghofer wurde 20., Roland Leitinger mit schnellen Teilzeiten, aber auch schweren Fehlern 23., Stefan Brennsteiner verpasste als 40. den zweiten Durchgang.
So drehte sich einmal mehr alles um Hirscher, der nach seinem 60. Weltcupsieg demütig auf seine bisherige Karriere zurückblickt: „Nie wirklich krank, nie verletzt, nie ausgefallen. Ich habe jedes Rennen fahren können, das ich wollte. Das ist, glaube ich, schon richtig viel Grund zum Danke-Sagen.“Vor neun Jahren hatte er in Hochsavoyen sein erstes Rennen gewonnen, nun auf jenem Hang sein Jubiläum gefeiert. Als „surreal und unbeschreiblich“bezeichnet er seine nun neunjährige Erfolgsgeschichte. Dass diese trotz verschobener Prioritäten ihre Fortsetzung findet, begründet der siebenfache Gesamtweltcupsieger, sechsfache Weltmeister und zweifache Olympiasieger mit der nötigen Lockerheit: „Skifahren ist sicher nicht mehr das Wichtigste. Ich habe im Sport alles erreichen dürfen, was ich mir jemals erträumt habe. Der Wille ist weiter da, aber nicht mehr der Zwang.“
Schon in einer Woche nach dem Riesentorlauf und Parallel-Riesentorlauf in Alta Badia könnte Hirscher die österreichische Rekordmarke von Annemarie Moser-Pröll (62 Weltcupsiege) einstellen.
„Der Wille, zu gewinnen, ist weiter da, aber nicht mehr der Zwang.“