Operation Wiedervereinigung
Ohne geeinte CDU kann die neue Parteichefin das nächste Etappenziel vergessen.
Was ist mit der CDU los? Die Partei, die bisher für ihre fast schon sprichwörtliche Geschlossenheit bekannt war, ist auf einmal tief gespalten. Es geht ein Riss durch die Partei zwischen den auf Modernisierung und weitere Liberalisierung setzenden Merkelianern und den tief enttäuschten Merz-Anhängern auf dem konservativen Flügel. Die Freude über die ungewohnte Gelegenheit zu einer breiten Diskussion über Kandidaten und damit auch über die Ausrichtung ist der Ernüchterung gewichen. Die Frage, wie man mit der unterlegenen Seite umgehen soll, wurde ausgeklammert. Das rächt sich nun.
Wenn Annegret Kramp-Karrenbauer es in den nächsten Wochen nicht schafft, die beiden Flügel unter ihren weit ausgebreiteten Fittichen zu vereinen, kann sie ihr nächstes Etappenziel Kanzlerin vergessen.
Es wäre nun aber auch die Aufgabe von Friedrich Merz, sich in den Dienst der übergeordne- ten Sache zu stellen und zu beweisen, dass seine Aussage in seiner Bewerbungsrede, dass zuerst die Partei und dann der Einzelne komme, kein bloßes Lippenbekenntnis war. Einen anderen Posten in der Parteispitze hat er nicht angestrebt. Offenbar hat er nicht damit gerechnet, verlieren zu können. Er hatte keinen Plan B. Doch um den konservativen Flügel zu befrieden, sollte Kramp-Karrenbauer alles unternehmen, Merz irgendwie einzubinden.
Aber vielleicht räumt Merkel ihren Platz ja schon früher, als sie das bisher angekündigt hat. Sinnvoll wäre ein Stabwechsel im kommenden Sommer, da im Herbst in drei ostdeutschen Ländern gewählt wird. Dort ist die AfD bekanntlich stark, die einen großen Teil ihres Erfolges dem Slogan „Merkel muss weg“verdankt. Ohne Merkel als Kanzlerin würden die Rechtspopulisten aber ihr wichtigstes Wahlargument verlieren. Das würde allerdings auch den anderen Parteien die Chance bieten, ein neues Thema für die Wahlkämpfe zu setzen.